Rechtliche Zulässigkeit der Veröffentlichungen von E-Mails im Internet

Aufgrund einer aktuellen Auseinandersetzung zwischen einem Blogger und einem Journalisten wird derzeit auf einigen Blogs die Fragen aufgeworfen, ob die ungefragte Veröffentlichung von E-Mails rechtlich zulässig ist.

Die Überlegungen die Mike Schnoor anstellt oder sich im Beitrag von Robert Basic bzw den entsprechenden Kommentaren finden, befassen sich zum größten Teil mit den Argumenten, die auch im Rahmen der rechtlichen Bewertung von entscheidender Bedeutung sind. Zur rechtlichen Zulässigkeit der Veröffentlichung von E-Mails kann in der gebotenen Kürze folgendes gesagt werden:

Die zivilrechtliche Zulässigkeit hängt zunächst einmal davon ab, ob es sich um private oder um geschäftliche E-Mails handelt. In wiefern eine E-Mail in den ein oder anderen Bereich fällt, ist allein abhängig vom Inhalt.

1. Private E-Mails

Werden in der jeweiligen E-Mail private Informationen übermittelt, so dürfte die Veröffentlichung entsprechender E-Mails in aller Regel unzulässig sein.

Nach herrschender Rechtsmeinung fallen solche E-Mails in die Intimsphäre des Absenders und sind damit grundsätzlich vor Veröffentlichungen geschützt. Diese Intimsphäre genießt nach höchstrichterlicher Auffassung absoluten Schutz. Auch in der Privatsphäre soll es grundsätzlich dem Betroffenen (und damit seiner Zustimmung) vorbehalten bleiben, welcher Öffentlichkeit er sich in seiner Persönlichkeit darstellt.

2. Geschäftliche E-Mails

Handelt es sich hingegen bei der veröffentlichten E-Mail um eine geschäftliche E-Mail, so ist die Frage, ob diese veröffentlicht werden darf, von einer Abwägung der widerstreitenden Interessen des Absenders gegenüber denjenigen, der die E-Mail veröffentlicht hat, vorzunehmen.

Während von Seiten des Absenders dessen Persönlichkeitsrecht bzw. dessen Geheimhaltungsinteresse in die Waagschale zu werfen sind, ist Seitens des Einstellers zu Fragen, ob ein überragendes Informationsinteresse der Allgemeinheit begründet werden kann. Seitens der Rechtssprechung werden allerdings auch an dieses allgemeine Informationsinteresse der Öffentlichkeit relativ hohe Anforderungen gestellt.

Daraus ist zu schließen, dass wenn nicht tatsächlich ein überragendes Informationsinteresse der Allgemeinheit begründet werden kann, die Veröffentlichung von E-Mails in aller Regel unzulässig ist. Selbiges gilt – wie oben dargelegt -ohnehin für E-Mails mit privaten Inhalten.

Der Absender hat unter diesen Voraussetzungen in aller Regel ein Unterlassungsanspruch bzw. auch einen entsprechenden zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch.

Wie diese Abwägung ausgeht ist immer eine Frage des Einzelfalls und kann jeweils abhängig von den konkreten Umständen unterschiedlich ausgehen. Ausschlaggebend ist unter anderem wohl auch das Motiv und der Zweck der Veröffentlichung und ob ein vertretbares Verhältnis zwischen dem Zweck der Veröffentlichung und der Beeinträchtigung des Betroffenen besteht.

3. Aktuelles Urteil des LG Köln

Zur Unzulässigkeit einer konkreten Veröffentlichung einer E-Mail kam vor kurzem auch das Landgericht Köln (Urteil vom 28.05.2008 – AZ: 28 O 157/08) in dem festgestellt wurde, dass die Veröffentlichung von E-Mails grundsätzlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Absenders bzw. der darin genannten Personen verletzt. Eine Veröffentlichung soll nur dann ausnahmsweise erlaubt sein, wenn ein sachlicher Grund besteht. In diesem Zusammenhang ist eine umfassende Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen.

Auch in dem vorgenannten Urteil, kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass vorliegend die Geheimhaltungsinteressen des Absenders überwiegen. Bei der Interessenabwägung hat das Gericht insbesondere für entscheidend gehalten, dass die Veröffentlichung von vertraulichen Schreiben ein schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellen, der in seiner Wirkung weit schwerer wiege als die bloße Mitteilung des Inhalts derselben.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Vergleich des Gerichts von E-Mails mit verschlossenen Briefen. Das Gericht führt hierzu aus:

Auch kann nicht davon gesprochen werden, dass der Verfügungskläger mit dem Versenden der streitgegenständlichen E-Mails den heimischen Bereich verlassen und sich in eine allgemeine Sphäre begeben hätte. Davon könnte allenfalls gesprochen werden, wenn der Verfügungskläger an ein nicht abgegrenzten Personenkreis gerichtete E-Mails verfasst und versandt hätte, jedoch nicht im vorliegenden Fall eine an eine Person gerichtete und versanden E-Mail. Diese ist vergleichbar mit einem verschlossenen Brief, der durch das Absenden ebenfalls nicht aus der Geheimnissphäre nicht entlassen wird und bei dem der Absender – anders als etwa im Falle einer offenen versandten Postkarte – auch nicht damit rechnen muss, dass Dritte von seinem Inhalt Kenntnis nehmen. Auf die fehlende Einwilligung zur Veröffentlichung wies der Verfügungskläger darüber hinaus ausdrücklich hin.

Daraus wurde insgesamt geschlossen, dass die konkrete Veröffentlichung rechtswidrig war. Auf Grundlage der Ausführungen des Landgericht Köln, würde die Veröffentlichung von massenhaft versandten Spam-E-Mails aller Voraussicht nach eine andere Argumentation rechtfertigen.

4. Zusammenfassung

Die Veröffentlichung von E-Mails mit privatem Inhalt ist in aller Regel unzulässig. Die Veröffentlichung von E-Mails mit geschäftlichen Inhalten ist nur zulässig, wenn ein überragendes Informationsinteresse der Allgemeinheit das Persönlichkeitsrecht des Absenders bzw. dessen Geheimhaltungsinteresse überwiegt.

Die Veröffentlichung von E-Mails führt deshalb in aller Regel zu Unterlassungs- bzw. Schadensersatzansprüchen des Absenders.

Eine gänzlich andere Frage als die hier diskutierte, ist der urheberrechtliche Schutz des Inhalts einer Mail. Der jeweilige Inhalt müsste – wie im Urheberrecht üblich – die notwendige Schöpfungshöhe übersteigen. Erst dann stellt sich die Frage, ob ein Zitat aus der E-Mail ausnahmsweise zulässig ist. Selbst wenn aber das Zitatrecht eine Urheberrechtsverstoß unter Umständen ausschließen würde, kann bei Vorliegen der oben stehenden Voraussetzungen immer noch ein Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder das Geheimhaltungsinteresse vorliegen. Das eine schließt das andere also nicht aus…

Gerne stehen wir bei weitergehenden Fragen oder Interesse an einem entsprechenden Inhouse Workshop telefonisch unter +49 (0) 711 860 40 025 oder via E-Mail carsten.ulbricht@menoldbezler.de zur Verfügung.

Comments

  1. Hallo Carsten,

    kleine Ergänzung:

    Urteil:

    Landgericht Köln
    Urteil vom 06.09.2006
    Az.: 28 O 178/06

    Veröffentlichung von E-Mails

    1. Ob das ungefragte Veröffentlichen von E-Mails rechtmäßig ist, ist grundsätzlich im Rahmen einer umfassenden Interessensgüterabwägung zu bestimmen.

    2. Wird eine geschäftliche E-Mail, die nur für einen bestimmten Empfängerkreis bestimmt ist, ungefragt veröffentlicht, stellt dies einen Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mail-Versenders dar. Dies gilt umso mehr, wenn die veröffentlichende Person die besagte E-Mail auf unlautere Weise erlangt hat.

    http://webhosting-und-recht.de/urteile/Landgericht-Koeln-20060906.html

    Podcast:

    Dürfen fremde E-Mails im Internet veröffentlicht werden?

    http://www.law-podcasting.de/duerfen-fremde-e-mails-im-internet-veroeffentlicht-werden

    • immowissen says:

      Sicher schon etwas länger her, dass das Thema hier umfangreich besprochen wurde. Speziell würde mich hier zu interessieren, wie es sich mit dem Mailverkehr zwischen Vetretung eines Wohnungseigentümers und dessen Verwalter im Bezug auf Mängelbeseitigung im Gemeinschafts und Sondereigentum verhält. Mal angenommen, der Verwalter verschickt die komplette Korrespondenz in ausgedruckter Form im Zuge einer außerordentlichen Eigentümerversammlung, ohne den betroffenen darüber zu informieren bzw. zu fragen (nebst der Kontaktdaten aus dem Mailkopf).

  2. Die E-Mail-Antwort auf eine journalistische Anfrage an eineN PressesprecherIn darf man aber wohl wiedergeben, schätze ich mal?

  3. Danke, das hat mich auch schon länger mal interessiert. Inwiefern ändert sich die Lage, wenn die Mail anonym zitiert wird?

  4. Mir fehlen hier ein paar Dinge, kommt es nicht auch auf den Inhalt der privaten E-Mail an? Was ist, wenn es Drohungen, Beleidigungen oder ähnliches sind, die übermittelt wurden?

    Wie sieht es aus, wenn der Text anonym wiedergegeben wird?

  5. Hallo,

    interessanter Artikel und Blog, den ich leider erst heute entdeckt habe 🙂
    Wie gemacht für mich.

  6. Betrachte es als eine Frage der Höflichkeit auch in einem privaten Blog die Freunde / Bekannten vorher zu Fragen.

  7. Hallo,

    Darf ich denn einen Blog erstellen und meine Erfahrungen mit einer Handwerksfirma tagebuchartig veroeffentlichen ?

    In meinem Fall habe ich den Blog nach dem Betrieb benannt und der Blog erscheint bei Google jetzt auf Rang 3 der Suchergebnisse.

    Die Firma ist sauer und droht mit Klage. Ich habe aber nur die Wahrheit geschrieben und nicht E-Mails zitiert.

    Danke.

    • Tolle Sache. Wie ist die URL. Durchhalten. Für (berechtige) Kritik ist Web 2.0 gemacht, so lange es jouranlistischen und nachvollziehbar ist.

    • Dies ist eine Frage des Einzelfalls (d.h. was wurde wie geschrieben) und kann daher leider nicht pauschal beantwortet werden.

      Wahre Tatsachen dürfen in aller Regel auch im Blog gepostet werden.

      Gruss

      CU

  8. Anonymous says:

    Was genau ist hier eigentlich mit dem Begriff „Veröffentlichen“ gemeint?

    Ist damit gemeint, dass die E-Mail für jeden zugänglich gemacht wird oder auch der Fall, die E-Mail auszudrucken und Personen, die in der E-Mail angesprochen wurde zur Verfügung zu stellen?

Trackbacks

  1. hirnrinde.de sagt:

    Eine Frage beschäftigt mich schon etwas länger, ohne dass ich jemals zu einer klaren Einschätzung gekommen wäre: Darf ich eine E-Mail, die an mich geschickt wurde, veröffentlichen (z.B. hier im Blog)? So ziemlich jedes Mal, wen…

  2. Auf Grund einer aktuellen Diskussion zwischen Peter Glaser und Marco Dettweiler wird zur Zeit häufig in der Blogosphäre die Frage aufgeworfen, inwieweit die ungefragte Veröffentlichung von E-Mails im Internet rechtlich zulässig ist. Der Kollege Ulb…

  3. Das Beste der 80er: Das Magazin “The Face”. Stilbildend und bewusstseinsprägend. Eine Sammlung der face-Cover von 1980 bis 2004. (via)
    Google Phone: G1 soll der sagenumwobene Android heißen und ab Mitte September zunächst auf…

  4. WebStyler sagt:

    Master Data Management: Engineering or Product Design Firms
    Was herstellende Unternehmen bei der Einführung einer PIM-Lösung beachten sollten.
    Rechtliche Zulässigkeit der Veröffentlichungen von E-Mails im Internet
    eCommerce Forum im September
    Praxi…

  5. Rechtsanwalt Carsten Ulbricht hat dazu in Rechtzweinull.de einen gut verständlichen Artikel veröffentlicht. E-Mails ins Internet stellen ist ein sehr problematisches Thema, ich kann nur empfehlen sich den Artikel durchzulesen.

  6. werd ich alle Anwaltsschreiben usw hier einfügen…
    … würde ich im eigenen Interesse unterlassen: Persönlichkeitsrechte verletzt oder jedenfalls den Verfasser unkenntlich machen.

    Grüße

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