Social Media Marketing & Recht – Dos and Donts beim Werben im Social Web

Auch die aktuelle Meldung „Dax-Konzerne erreichen zehn Millionen Menschen in sozialen Medien“ in der FAZ Online zeigt, dass das Werben im Social Web immer wichtiger wird. Soziale Netzwerke wie Facebook, StudiVZ & Co eröffnen zahlreiche neue Möglichkeiten, um die eigenen Zielgruppen zu erreichen und im Optimalfall auch in Dialog zu treten. Aber auch Dienste wie Twitter oder die diversen Videoplattformen sind – gerade wenn man die Prognosen der entsprechenden Werbestrategen betrachtet – aus dem Marketing-Mix vieler Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Entsprechende Werbemaßnahmen werden gemeinhin unter dem Stichwort Social Media Marketing (SMM) zusammengefasst.

Diese spannenden Möglichkeiten werden jedoch gerade im Internet dadurch konterkariert, dass manche Unternehmen (beziehungsweise die Werbeagenturen) versuchen, die Herkunft der jeweiligen Werbebotschaft zu verschleiern, indem man vermeintlich unabhängige Privatpersonen für sich sprechen lässt, Bewertungsportale oder Internetforen mit „unabhängigen“ Eingaben infiltriert. Die Beispiele der Deutschen Bahn, die inszenierte Umfragen bei Youtube einstellen ließ, der etwas unglückliche Fall der „Advertorials“ der Süddeutschen Zeitung oder der Bauernverband, der seine Botschaften durch scheinbar private Nutzer in Internetforen verbreiten ließ , zeigen neben vielen weiteren Fällen deutlich, dass hier ein erstzunehmende Entwicklung stattfindet, die klar der bisher geltenden Pflicht zur Kennzeichnung kommerzieller Information zuwiderläuft.

Doch welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind eigentlich beim Werben in den Sozialen Medien zu beachten ? Wer steckt den Rechtsrahmen an dem sich die Werbeagenturen beziehungsweise dann die werbenden Unternehmen zu orientieren haben ?

Nachdem ich mich vor einiger Zeit in Beiträgen Neues Marketing – und Werberecht – Aktuelle Änderungen des UWG und deren Auswirkungen beziehungsweise Virales Marketing & Recht – Dos and Donts für rechtssichere Werbung im Web 2.0 mit spezifischen Einzelthemen auseinandergesetzt habe, sollen im nachfolgenden ersten Teil ein paar grundsätzliche Ausführungen dazu gemacht werden, welches (inter-)nationale Recht denn im Einzelfall gilt und welche gesetzlichen Regeln, das heißt vor allem aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten sind, um nicht klar rechtswidrige Kampagnen durchzuführen. Im zweiten Teil „Social Media Marketing & Recht – Nutzungsbedingungen begrenzen Werbemöglichkeiten“wird gezeigt, inwieweit die Vorgaben des Plattformanbieters (also z.B. bei Werbemaßnahmen auf Facebook) zu beachten sind und wie weit auch diese teilweise reichen.

Die Rechtmäßigkeit von Werbekonzepten ist nicht zuletzt für die Werbe- und Kreativagenturen von Bedeutung, da diese grundsätzlich für die Rechtskonfomität der für den Kunden konzipierten Werbeaktion haften. Die umfassende und eingehende Kontrolle, ob eine geplante Werbemaßnahme mit dem Recht vereinbar ist, gehört zu den wesentlichen vertraglichen Pflichten einer Werbeagentur gegenüber ihrem Auftraggeber. Die Agentur hat die Werbung grundsätzlich auf ihre Zulässigkeit hin zu überprüfen und den Auftraggeber auf eventuelle Bedenken hinzuweisen.

Wettbewerbswidrige Werbung ist ansonsten als mangelhafte Leistung der Agentur anzusehen (OLG Düsseldorf, CR 2004,466). Da in entsprechenden Fällen neben dem Reputationsschaden Regressansprüche des Kunden drohen, die nicht nur auf Rückzahlung des bereits geleisteten Honorars, sondern auch auf Ersatz von Abmahnungs- oder Verfahrenskosten beziehungsweise sogar Kosten für die Neukonzeption und -durchführung der Werbemaßnahme gerichtet sein können, sollten gerade Werbeagenturen den Rechtsrahmen kennen, den es für Werbemaßnahmen- nicht nur, aber auch – im Social Web zu beachten gilt.A. Grundlagen

Werbemaßnahmen im Social Web haben sich zum einen am jeweils geltenden nationalen Recht zu orientieren, zum anderen aber auch den dem Rechtsrahmen, den der Betreiber der jeweiligen Plattform für Marketingmaßnahmen in der Regel über entsprechende Nutzungsbedingungen setzt. Da manche Plattformen in den jeweiligen Geschäftsbedingungen teilweise Werbeverbote aussprechen, wenn nicht eine entsprechende vertragliche Abrede beziehungsweise eine ausdrückliche Zustimmung vorliegt und hieran teilweise gravierende Maßnahmen bis hin zum Ausschluss aus dem Netzwerk knüpfen, sollten die jeweiligen Bedingungen – abhängig von der Wirksamkeit der einschlägigen Regeln und/oder einer Risikoabschätzung – beachtet werden.

Während hierzu im nächsten Beitrag weiteres ausgeführt wird, gilt für die Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit einer Werbemaßnahme zunächst einmal staatliches Recht. Aber welches ?

B. Anwendbares Recht

Als richtungsweisende Vorfrage ist zunächst zu klären, welches nationale Recht eigentlich anzuwenden ist. Gilt – wie oft unterstellt wird – nur das nationale Recht des Betreibers, dessen Anwendbarkeit dieser regelmäßig in seinen Nutzungsbedingungen vorsieht oder können sich Nutzer auch auf ihr nationales Recht berufen. Facebook sieht für das Nutzungsverhältnis mit deutschen Usern seit kurzem interessanterweise die Anwendbarkeit deutschen Rechts vor (siehe 16. 3. Ziff.2 der Facebooks „Erklärung der Rechte und Pflichten“)

Die Frage, ob und inwieweit deutsches Recht gilt, ist komplex und hängt von einer Vielzahl von Einzelfragen ab. Ganz grundsätzlich gilt im Verhältnis zwischen Betreiber und Nutzer schon das in den Nutzungsbedingungen jeweils vereinbarte Recht, wenn nicht z.B. Verbraucherschutzrechte oder andere zwingende nationale Regeln dem entgegen stehen.

Etwas anderes gilt jedoch für die Frage nach der wettbewerbs-, marken- oder urheberrechtlichen Zulässigkeit einer Werbemaßnahme. Hier entbrennt der Streit in der Regel nicht zwischen dem Werbetreibenden und dem Plattformbetreiber, sondern zwischen dem Werbetreibenden und einem Dritten (z.B. einem unmittelbaren Wettbewerber), der seine Rechte verletzt sieht. Hier wird in vielen Fällen auch deutsches Recht angewendet werden können, weil sich der räumliche Anwendungsbereich des deutschen Rechts oft nach den Kollisionsnormen des Internationalen Privatrechts in den Art 40–42 EGBGB bestimmt. Der Verletzte hat hier ein Wahlrecht zwischen Handlungs- und Erfolgsort.

Wird also eine Werbemaßnahme in Deutschland durchgeführt (Handlungsort) oder entfaltet sie hier ihre Wirkung (Erfolgsort), etwa weil deutsche Verbraucher angesprochen werden, so kann auch eine Anwendbarkeit deutschen Rechts angenommen werden. Insoweit ist der deutsche Rechtsrahmen auch bei Social Media Marketing deutscher Unternehmen auch auf „ausländischen“ Plattformen zu beachten.

C. Gesetzliche Rahmenbedingungen

1. Vorgaben des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Ganz entscheidend für die Frage nach der Zulässigkeit von Werbung im Social Web ist zunächst das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

§§ 4 Nr. 3 und Nr.11 UWG verbieten explizit die im Zusammenhang mit absatzfördernden Handlungen die Verschleierung des Werbecharakters. Entscheidend ist insoweit, ob ein durchschnittlich informierter Internetnutzer den Werbecharakter erkennt oder nicht. Bei solchen Verstößen gegen das UWG ist allerdings zu beachten, dass diese primär entsprechende Unterlassungs- und unter bestimmten Voraussetzungen sogar Schadenersatzansprüche der Wettbewerber begründen. Auch die weiteren Vorgaben des § 4 UWG sollten beachtet werden.

Social Media Marketing (SMM) hat sich außerdem an den Grenzen des §5 UWG (Irreführende Werbung) und §7 UWG (Unzumutbare Belästigung) messen zu lassen. Erstere Vorschrift soll den Verbraucher vor allem vor inhaltlich falschen Werbeaussagen schützen. Die im Zusammenhang mit § 7 UWG stehenden Fragen des „Spammings“ werden weiter unten noch einmal andiskutiert.

Besondere Aufmerksamkeit sollte vielleicht noch der neu vom Gesetzgeber eingeführten sogenannten „Schwarzen Liste“ gewidmet werden, die als Anhang zum UWG grundsätzlich verbotene Werbehandlungen auflistet. So verbietet z.B. Nr. 11 ausdrücklich als Informationen getarnte Werbung. Auch sonst lohnt vor Werbeaktionen im Social Web ein Blick auf die insgesamt 30 Tatbestände der „Schwarzen Liste“ , die unabhängig von weiteren Argumenten, als wettbewerbswidrig und damit abmahnfähig anzusehen sind (weiterführend zu den Änderungen des UWG auch Neues Marketing – und Werberecht – Aktuelle Änderungen des UWG und deren Auswirkungen).

Für eine Konformität mit deutschem Recht ist es (aus verschiedenen rechtlichen Gründen) entscheidend, dass der durchschnittlich informierte Nutzer den Werbemaßnahme irgendwie auch als Werbebotschaft identifizieren kann. Dies muss nicht unbedingt ein ausdrücklicher Hinweis sein, sondern kann beliebig gestaltet werden. Die Zuordnung als Werbung deckt sich am Ende des Tages ja eigentlich auch mit dem Interesse des werbenden Unternehmens, dessen Marke oder Produkte mit der konkreten Werbemaßnahme beworben und in Verbindung gebracht werden soll.

Problematisch wird es immer dann werden, wenn der Werbecharakter bewusst verschleiert wird oder der durchschnittlich informierte Internetbesucher diesen nicht erkennen kann.

Besondere (auch wettbewerbsrechtliche) Vorgaben gibt es ferner für denjenigen zu beachten, der Gewinnspiele durchführt. Gemäß § 4 Nr. 5 UWG ist es verboten Preisausschreiben oder Gewinnspielen mit Werbecharakter durchzuführen, ohne die Teilnahmebedingungen hinreichend klar und eindeutig anzugeben. § 4 Nr. 6 UWG verbietet es grundsätzlich, die Teilnahme an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig zu machen.

2. Urheberrecht

Wie für sonstige Werbung auch, sind auch für Social Media Marketingmaßnahmen natürlich auch die Vorgaben des Urheberrechts zu beachten.

Sind Inhalte unter Zugrundelegung der Voraussetzungen des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) geschützt, sollten diese Werke (also Texte, Bilder, Audio- oder Videoinhalte)nicht verwandt werden, soweit nicht die notwendige Zustimmung des Berechtigten eingeholt worden ist bzw. die Verwendung über das Zitatrecht des § 51 UrhG gerechtfertigt ist.

Ohne hier die vielen möglichen Fragestellungen diskutieren zu können, soll darauf hingewiesen werden, dass z.B. auch Werbetexte urheberrechtlich geschützt sein können. Das LG Köln hat hier kürzlich Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung des Urheberrechts an Werbetexten für Filme mit dem Argument zugesprochen, dass auch diese geschützt seien, wenn sie denn eine „individuelle Wortwahl und Gedankenführung“ aufweisen würden.

3. Marken- und Kennzeichenrechte

Wenn und soweit eine bestimmte Bezeichnung oder ein Logo geschützt ist, sollte es ohne Zustimmung des Berechtigten nicht in kennzeichenrechtlich relevanter Form genutzt werden. Zu berücksichtigen sind insoweit insbesondere eingetragene Marken, geschäftliche Bezeichnungen (z.B. Firmennamen), teilweise auch geographische Herkunftsangaben (z.B. Frankfurter Würtschen).

Fraglich ist in diesem Zusammenhang regelmäßig ob eine geschützte Bezeichnung auch tatsächlich gewerblich und zur Kennzeichnung (eigener) Waren oder Dienstleistungen eingesetzt wird. In diesen Fällen werden dem eigentlich Berechtigten entsprechende Unterlassungs- und häufig auch Schadenersatzansprüche zustehen.

4. Permission Marketing auch in Sozialen Netzwerken ?

Der Versand von Spam E-Mails ist ein allgemein bekanntes und weit verbreitetes Problem. Zwischenzeitlich hat sich diese Problem aber auf eine Vielzahl von Social Networks oder anderen Web 2.0 Plattformen übertragen. Da Netzwerke wie Facebook, Twitter & Co von vielen Internetanwendern regelmäßig genutzt werden und eigentlich jede dieser Webseiten die Möglichkeit bietet, über die Plattform interne Nachrichten zu verschicken, haben sich konsequenterweise auch die Versender verschiedener Werbebotschaften darauf eingestellt und entdecken immer wieder neue Möglichkeiten. Der Versand von Werbebotschaften (und auch Malware oder Phisingversuche) über diese Kanäle nimmt stetig zu.

Und tatsächlich genießen Werbenachrichten in den Netzwerken wahrscheinlich eine viel grössere Aufmerksamkeit als über E-Mail, wo diese oft in der Flut von Spam untergehen oder in Spamfiltern hängenbleiben. Dieses teilweise übersehene Problem wird Plattformbetreiber, die den Versand entsprechender Werbebotschaften in den Nutzungsbedingungen oft untersagen, aber auch die Nutzer in Zukunft noch stark beschäftigen.

Aufgrund der wachsenden Bedeutung von Spam in sozialen Netzwerken stellt sich auch in Deutschland die Frage nach der Rechtslage, ob ein Unternehmen z.B. bei XING allen Kontakten oder auch Dritten Nachrichten mit werblichen Inhalten zusenden darf. Oder ob ein Unternehmer über den eigenen Twitter Account alle Follower über die „Direct Messages“ ungefragt mit regelmässigen Produktinformationen „beglücken“ könnte.

Da die Frage, ob es sich bei entsprechenden Fällen um Spam im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und damit abmahnfähiges Verhalten des Versenders bzw. des werbenden Unternehmens handelt, den vorliegenden Rahmen sprengen würde, darf ich insoweit auf meinen früheren Beitrag Rechtliche Beurteilung von Spam Versand in sozialen Netzwerken verweisen, der die Probleme entsprechend abhandelt.

C. Resümee

Der rechtliche Rahmen, den bereits das Gesetz vorgibt, bietet bereits eine Vielzahl von potentiellen „Stolpersteinen“. Zudem muss man feststellen, dass viele im Social Media Marketing auftretenden rechtliche Probleme naturgemäß noch nicht abschließend gerichtlich geklärt sind. Neben diesen Fragen des gesetzlichen Rahmens werde ich – wie angekündigt – im nächsten Beitrag noch die Vorgaben diskutieren, die sich zusätzlich oft noch aus Nutzungsbedingungen des jeweiligen Plattformbetreibers ergeben vorstellen.

Werbetreibende aber insbesondere Agenturen, die entsprechende Werbekonzepte „verkaufen“ sollten sich zumindest darüber im Klaren sein, wann sich ein Werbemaßnahme im „grauen“ Bereich und wann im tiefschwarzen Bereich bewegt beziehungsweise zur Vermeidung einer möglichen Haftung den Kunden auf bestehende rechtliche Unsicherheiten hinweisen. In aller Regeln gibt es außerdem Gestaltungsmöglichkeiten, die die bisweilen nicht ganz auszuschließenden Risiken zumindest entschärfen.

Der Rechtsrahmen, der vor allem durch das UWG geprägt wird, reicht teilweise sehr weit. Während bei manchen Vorgaben sicher hinterfragt werden muss, ob diese sinnvoll und/oder noch zeitgemäß sind, erscheinen manche Regeln ohne Frage sinnvoll. Aus meiner Sicht sollte der fortschreitende Trend verhindert werden, dass (redaktionelle) Inhalte immer mehr mit werblichen Botschaften vermischt werden beziehungsweise Werbung verschleiert und/oder entsprechende Werbebotschaften (auch für den durchschnittlich informierten Nutzer) als solche nicht mehr erkennbar sind. Tatsächlich sind Transparenz und Authentizität – auch unabhängig von den rechtlichen Einflüssen – wichtige Kriterien für (erfolgreiche) Social Media Marketing. Die Einhaltung dieser Essentialia wird zusätzlich durch des Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sichergestellt. In den meisten Fällen werden Werbemaßnahmen, die nicht als solche zu erkennen sind, sondern „undercover“ abgegeben werden, als wettbewerbswidrig anzusehen sein.

Siehe zum Thema auch den zweiten Teil „Social Media Marketing & Recht – Nutzungsbedingungen begrenzen Werbemöglichkeiten „

Gerne stehen wir bei weitergehenden Fragen oder Interesse an einem entsprechenden Inhouse Workshop telefonisch unter +49 (0) 711 860 40 025 oder via E-Mail carsten.ulbricht@menoldbezler.de zur Verfügung.

Comments

  1. Sehr interessanter Artikel. Gerade für uns und alle anderen, die sich mit Social Media Marketing beschäftigen. Herzlichen Dank!

  2. Danke für die Übersicht. Besonders hilfreich für größere Shops, welche im Social Marketing besonders vorsichtig sein müssen, da sonst die Reputation des Unternehmens gefährdet werden kann.

  3. Wir integrieren grade social media komponenten auf unserer website und haben uns gefragt ob einiges so legal ist was wir so machen. Ihr Beitrag hat uns dabei sehr geholfen. Vielen Dank!

Speak Your Mind

*

Sicherheitsfrage *