Social Media & Recht – Praktische Handlungsempfehlungen für Städte und Kommunen

Auch in Deutschland beschäftigen sich immer mehr Kommunen mit den Chancen und Risiken der Sozialen Medien. Die ständig steigende Nutzung dieser Kanäle quer durch alle Bevölkerungsgruppen und Altersschichten bietet neue Optionen vor allem in den Bereichen Bürgerdialog und –beteiligung, e-Government, Verwaltung , allgemeiner Kommunalpolitik, aber auch Stadtmarketing. Dabei trifft gerade Kommunen eine besondere Verpflichtung rechtskonform zu agieren.

Im ersten Teil dieses Beitrags (siehe A.) sollen deshalb einige wichtige rechtliche Implikationen aufgezeigt werden, die beachtet werden sollten, wenn Kommunen oder kommunale Einrichtungen eigene Aktivitäten in Social Media entfalten.

Rechtlicher Regelungsbedarf folgt unabhängig davon auch aus der Frage, ob bzw. inwieweit man den eigenen Bediensteten die Nutzung dieser Kanäle Tätigkeit erlaubt. Dabei geht die Gestaltung der Nutzung der Sozialen Medien durch die eigenen Bediensteten weit über das hinaus, was bisher über Dienstanweisungen zur Nutzung des Internets geregelt worden ist. Durch die immer stärkere Verstrickung von Privat- und Berufsleben sind neue Regelungskomplexe entstanden, die mit und durch eine entsprechende Social Media Richtlinie (neudeutsch auch Social Media Guidelines oder Policy) adressiert und einer sinnvollen Gestaltung zugeführt werden können (siehe B.) und in vielen Bereichen zur Vermeidung entsprechender Risiken für kommunale Interessen auch sollten.

Die Erfahrung bei der Beratung verschiedener Kommunen hat gezeigt, dass vereinzelte Stellen durchaus schon in den Sozialen Medien aktiv sind, ohne dass seitens der jeweiligen „Leitung“ eine Strategie oder klare Vorgaben, geschweige denn eine hinreichende rechtliche Absicherung der Aktivitäten bestehen. Der nachfolgende Beitrag soll hingegen keinesfalls abschrecken, sondern vor allem sensibilisieren.

Bei hinreichend bewußtem und auch rechtlich abgesichertem Vorgehen dürften die Chancen der Sozialen Medien gerade auch für Kommunen die Bedenken und Risiken deutlich überwiegen.

A. Rechtliche Implikationen bei eigenen Aktivitäten in den Sozialen Medien

Nachdem bisher eher wenige Kommunen in den Sozialen Medien aktiv sind, wächst nicht nur die Erwartungshaltung der Bürger an entsprechende Aktivitäten, sondern auch die Zahl unterschiedlicher kommunaler Informations- und Dialogangebote.

Ganz allgemein ist davon auszugehen, dass solche kommunalen Angebote in Social Media eine freie Selbstverwaltungsaufgabe darstellen, deren Erledigung im Ermessen der Kommunalverwaltung als zusätzliche „Serviceleistung“ zu verstehen ist.

Darüber hinaus ist grundsätzlich festzustellen, dass Kommunen und deren Einrichtungen ist beim Betrieb einer Präsenz in Social Media rechtlich nicht privilegiert ist. Neben den öffentlich-rechtlichen Normen ist sie, wie jeder Unternehmen, von der Beachtung zivilrechtlicher Vorschriften nicht entbunden.

1. Die eigene Adresse im Social Web

Auf dem Weg zu einer eigenen Präsenz in den Sozialen Medien sollten Kommunen zunächst prüfen, ob der jeweilige Städtename oder die Bezeichnung der kommunalen Einrichtung als Nutzernamen auf relevanten Social Media Plattformen von Dritten verwendet wird. Denn dem Benutzername kommt auf vielen Facebook, Youtube & Co durchaus eine namensähnliche und damit kennzeichnende Funktion zu. Besucher erwarten regelmäßig die jeweilige Marke oder das entsprechende Kommunen unter dem gleichnamigen Nutzernamen zu finden (siehe etwa http://www.facebook.com/stadt.muenster oder www.twitter.com/Dortmund).

Sind entsprechende Nutzernamen frei, sollten diese – selbst wenn sie erst mittelfristig interessant sein könnten – dennoch bereits gesichert werden, um späteres Ungemach abzuwenden. Wie bereits die Stadt Mannheim feststellen musste, gibt es seit einiger Zeit Entwicklungen in den Sozialen Medien, die dem Phänomen des Domaingrabbing vor einigen Jahren entsprechen (siehe Stadt Mannheim fordert ‚ihren‘ Twitter Account heraus“). Insofern sollten Kommunen entsprechendem „Account-Grabbing“ frühzeitig zuvorkommen. Bei der Anmeldung des Accounts sollten unbedingt auch die jeweiligen Rahmenbedingungen des Netzwerkes (in der Regel aus den Nutzungsbedingungen) beachtet werden, um späteres Ungemach zu vermeiden (vgl. ‚Facebook-Auftritt von München – Eine Stadt verschwindet‘).

Ist der gewünschte Nutzername jedoch schon vergeben, stellt sich die Frage, wie dieser wieder in die eigene Obhut gebracht werden kann. Allgemein empfiehlt sich in diesen Fällen mit dem notwendigen Augenmaß vorzugehen. Sich (gegebenenfalls auch mit anwaltlichem Nachdruck) an Betreiber wie YouTube, Facebook oder Twitter zu wenden, führt oft schneller zum Erfolg und kann geeigneter erscheinen, um mögliche Reputationsschäden zu verhindern (weiterführend ‚Account Grabbing in Social Media – Ansprüche auf den „eigenen“ Namen bei Twitter, Facebook & Co‘).

2. Vorgaben des Telemediengesetzes

§ 1 Abs. 1 Satz 2 TMG legt fest dass auch „öffentliche Stellen“, wie z. B. Kommunalbehörden von der Anwendung des Telemediengesetzes (TMG) erfasst werden.

Neben einigen weiteren Vorgaben trifft die Kommune für etwaige Social Media Aktivitäten vor allem die Verpflichtung, in einer Datenschutzerklärung etwaige Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten zu unterrichten (§ 13 Ans.1 TMG).

Wenn die Kommune nicht nur „rein amtlich“ tätig wird, was in den seltensten Fällen gegeben sein wird, ist auch davon auszugehen, dass Kommunen und kommunale Einrichtungen auch bei Facebook, Youtube & Co der Impressumspflicht des § 5 TMG nachzukommen haben. Dies ist im Hinblick auf die Schaffung hinreichender Erkennbarkeit des jeweiligen Diensteanbieters aber ohnehin sinnvoll.

Die Geltung der Impressumspflicht für Social-Media-Kanälen wurde bezüglich Unternehmen zwischenzeitlich auch gerichtlich bestätigt (LG Aschaffenburg, Urteil vom 19.08.2011 – 2 HK O 54/11). Welche Pflichtangaben das Impressum mindestens enthalten muss, sind im § 5 Telemediengesetz aufgeführt. Darin ist auch angegeben, dass die Informationen „leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten“ sind.

Um diesbezüglich sicher zu gehen, bietet es sich als Best Practice an, im Profil einen Hinweis mit der Bezeichnung „Impressum“ oder „Kontakt“ hinzuzufügen, der gegebenenfalls auf vollständige Impressumsangaben verlinkt (weiterführend ‚Aschaffenburg bestätigt Impressumspflicht bei geschäftsmäßig genutzten Facebookprofilen‘).

3. Veröffentlichung eigener Inhalte

Beim Betrieb des kommunaler Social Media Kanals sollte zunächst das Urheberrecht beachtet werden.

Das Urhebergesetz (UrhG) schützt Texte, Bilder, Audio- und Videoinhalte (sogenannte Werke), sofern diese die urheberrechtlichen Anforderungen an eine entsprechende Schutzfähigkeit erfüllen. Während Texte nur geschützt sind, wenn sie eine hinreichend kreative Gestaltung darstellen (sog. Schöpfungshöhe), sind Fotos, aber auch Audio- und Videoinhalte regelmäßig vom Urheberrecht geschützt. Im Rahmen der eigenen Veröffentlichung von Inhalten sollten Kommunen also stets gewährleisten, dass für den jeweiligen Inhalt auch die nötigen Nutzungsrechte vorliegen.
Bei der Veröffentlichung von Fotos mit Personen sollte im Hinblick auf das Recht am eigenen Bild auch Sorge getragen werden, dass – von den Ausnahmen des Kunsturhebergesetzes (KUG) abgesehen – auch ein hinreichende Einwilligung der abgebildeten Personen sichergestellt ist.

4. Datenschutzrechtlicher Problemfall Social Plugins

Social Plugins, wie beispielsweise der sogenannte Like-Button von Facebook, bieten Kommunen interessante Möglichkeiten zur Aktivierung des jeweiligen privaten Netzwerkes eines Nutzers. Bei der Einbindung solcher Plugins in die eigene Internetseite sollten Kommunen allerdings datenschutzrechtliche Bedenken berücksichtigen.

So ist u.a. das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein der Ansicht, Facebook verstoße mit dem Like-Button gegen deutsches und europäisches Datenschutzrecht, da der Nutzer nicht hinreichend darüber informiert werde, welche Verkehrs- und Inhaltsdaten in die USA übermittelt würden und wie diese dort genutzt werden.

Im Falle einer Einbindung des Buttons treffen wohl auch den Internetseitenbetreiber selbst Pflichten, die sich auch für Städte und Kommunen nach deutschem Datenschutzrecht richten. Hiernach ist die dargelegte Weitergabe solcher personenbezogener Daten nur zulässig, wenn der jeweilige Besucher vorher zugestimmt hat.

Fehlt eine hinreichende Datenschutzerklärung, stellt die Einbindung des Like-Buttons wohl einen Verstoß gegen deutsches Datenschutzrecht dar (weiterführend ‚Datenschutzbehörden (ULD) halten Facebook Plugins für datenschutzwidrig – Unterlassungsverfügungen und Bussgeld möglich‘ )

B. Social Media Guidelines – Richtlinien für die Nutzung des modernen Internet

Unabhängig von der Frage, ob Kommunen eigene Aktivitäten in oder über Social Media beginnen, haben bereits einige deutsche Städte und Kommunen sogenannte Social Media Guidelines eingeführt, um den Bediensteten entsprechende Leitplanken für einen sicheren Umgang mit den neuen Internetmedien mitzugeben.

Durch schnelle Medien wie Twitter, Blogs, Communities und Foren, in denen die Bediensteten selbst (und in der Regel ungesteuert) kommunizieren, gelangen mitunter unreflektierte oder auch bewusst schädigende Beiträge in die Öffentlichkeit, die zu einem Gefahrenherd für das Kommunen werden können. Eine strikte Untersagung scheint jedoch genauso wenig sachgerecht, wie die unkontrollierte Zulassung der Social Media Nutzung.

Kommunen ist daher – unabhängig von etwaigen eigenen Aktivitäten – anzuraten, rechtzeitig Vorsorge zu treffen und im eigenen aber auch im Interesse der Bediensteten klare Richtlinien (z.B. über entsprechende Dienstanweisungen) zu formulieren (weiterführend ‚Social Media Richtlinien – (Rechtliche) Leitplanken schaffen Medienkompetenz‘).

Wichtige Themen- und Regelungskomplexe sind unter anderem:

• Eigenverantwortung der Bediensteten
• Hinweise zum allgemeinen Kommunikationsverhalten (Netikette)
• Vorsichtiger Umgang mit Bürgerdaten
• Umgang mit internen oder vertraulichen Informationen und politischen Äußerungen
• Hinweise zur Einhaltung des Urheberrechts
• IT-Sicherheit (Viren, Trojaner und andere Gefahren)
• Hinweise auf Trennung zwischen privaten und dienstlichen Äußerungen
• Beamtenrechtliche Grenzen
• Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Social Media Guidelines (optional)

Inhaltlich sind möglichst klare und transparente Regelungen zu empfehlen, die praxistaugliche aber auch verständliche Rahmenbedingungen für die Nutzung der Sozialen Medien innerhalb aber auch außerhalb der Arbeitszeit aufzeigen. Dabei sollte klar kommuniziert werden, welche Regelungen als verbindliche Weisungen gelten sollen und welche „nur“ als unverbindliche Handlungsempfehlungen zu verstehen sind.

Gerade mit der letzten Kategorie eröffnet sich der Dienstherr die Möglichkeit, auch das notwendige Bewusstsein und die für die die Medienkompetenz zu schaffen, die für einen bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit den Sozialen Medien elementar erscheint. Bei einigen Kommunen wird die Einführung entsprechender Richtlinien sinnvollerweise mit ergänzenden Schulungen für interessierte Bediensteten oder auch die gesamte Belegschaft begleitet.

C. Zusammenfassung und Resümee

Die Nutzung der Sozialen Medien im Internet gehört nicht nur mehr bei jüngeren Generationen zur Selbstverständlichkeit. So wie die Regelung der (privaten) Nutzung des Internets und von E-Mails bei vielen Kommunen selbstverständlich ist, so elementar sollte für mittlere und größere Kommunen schon heute die Regelung des Umgangs mit dem Social Web sein.

Das Social Web bietet auch im kommunalen Bereich neue Ansätze. Genauso birgt jedoch der ungesteuerte Zugang für alle Bediensteten gewisse Risiken. Demgemäß erscheint die strikte Untersagung genauso wenig sachgerecht, wie die unkontrollierte Zulassung der Social Media Nutzung.

Kommunen ist daher zu raten, rechtzeitig Vorsorge zu treffen und im eigenen aber auch im Interesse der Bediensteten klare Richtlinien zu formulieren.
Dadurch eröffnet sich die Kommune als Dienstherr die Möglichkeit, auch das notwendige Bewusstsein und die für das Social Web immens wichtige Medienkompetenz zu schaffen. Damit können den Bediensteten tatsächlich „Leitplanken“ an die Hand geben, die gerade auch urheber- und datenschutzrechtliche Risiken im Interesse des Bediensteten aber auch des Dienstherrn vermeiden und die Bewahrung interner und geheimhaltungsbedürftiger Informationen schützen helfen (weiterführend ‚Social Media Richtlinien – (Rechtliche) Leitplanken schaffen Medienkompetenz‘).

Bei Beachtung der ausgeführten Grundsätze, die natürlich nur eine erste Orientierung darstellen, dürften Kommunen deshalb eine gute Grundlage geschaffen haben, sich auch aus rechtlicher Sicht gut vorbereitet und hinreichend abgesichert, den Möglichkeiten von Social Media zu nähern und so entsprechende Potentiale zu aktivieren.

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