Facebook ändert seine Datenschutzbestimmungen (Data Use Policy) – Nutzer werden zu (verdeckten) Werbeträgern

Letzte Woche haben auch deutsche Nutzer eine E-Mail von Erin Egan, dem Chief Privacy Officer von Facebook bekommen, mit der mitgeteilt wird, dass sich die Datenschutzbestimmungen (nun Data Use Policy) von Facebook ändern sollen.

In Kürze soll auch für deutsche Nutzer folgende Regelung gelten:

1. Du erteilst uns deine Erlaubnis zur Nutzung deines Namens, Profilbilds, deiner Inhalte und Informationen im Zusammenhang mit kommerziellen, gesponserten oder verwandten Inhalten (z. B. eine Marke, die dir gefällt), die von uns zur Verfügung gestellt oder aufgewertet werden. Dies bedeutet beispielsweise, dass du einem Unternehmen bzw. einer sonstigen Organisation die Erlaubnis erteilst, uns dafür zu bezahlen, deinen Namen und/oder dein Profilbild zusammen mit deinen Inhalten oder Informationen ohne irgendeine Entlohnung für dich zu veröffentlichen. Wenn du eine bestimmte Zielgruppe für deine Inhalte oder Informationen ausgewählt hast, werden wir deine Auswahl bei deren Nutzung respektieren.

2. Wir geben deine Inhalte und Informationen nicht ohne deine Zustimmung an Werbetreibende weiter.

3. Du verstehst, dass wir bezahlte Dienstleistungen und Kommunikationen möglicherweise nicht immer als solche kennzeichnen.“

Mit der Nr.1 stellt Facebook klar, dass der Name, das Profilbild und auch die Informationen (???) des Nutzers im Rahmen von Werbung verwendet werden können sollen. Mit dieser Klausel will sich Facebook ausdrücklich das Recht einräumen lassen, sich für Werbung bezahlen zu lassen, in der Name, Bild oder Informationen von Nutzern verwertet werden, ohne dass der Nutzer dafür entlohnt wird. Immerhin will Facebook dabei offensichtlich die jeweiligen Privatsphäre-Einstellungen (Wer darf was sehen) des betroffenen Nutzers respektieren.

In Nr.3 will sich Facebook vom jeweiligen Nutzer noch das Recht einräumen lassen, dass Werbung nicht zwingend als solche gekennzeichnet sein muss.

Neben einigem Widerstand in entsprechenden Nutzerkommentaren  haben auch einige deutsche Medien  bereits über die Änderungen  und entsprechende datenschutzrechtliche Fragen  berichtet.

Nach der Sonderregelung für deutsche Nutzer  gelten diese Änderungen, nicht wie für die übrigen über 1 Milliarde Facebookmitglieder sofort, sondern erst 30 Tage nach der Information über die Änderung. Diese „deutschen Sonderregeln“ sehen weiter vor, dass derjenige, der die Änderungen nicht akzeptieren möchte, sein Konto doch bitte löschen möge. Wenn der Nutzer Facebook stattdessen weiternutzt, soll dies als Annahme der Änderungen gelten (vgl Facebook ändert seine Terms of Service – Zulässigkeit der nachträglichen Änderung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)).

A. Hintergrund zur Änderung der Data Use Policy von Facebook

Schon im Jahr 2011 hatte Facebook mit sogenannten „Sponsored Stories“ experimentiert, in denen Nutzer einschließlich der Bilder im Rahmen entsprechender Anzeigen zu Werbeträgern gemacht worden waren. Nachdem diese Maßnahmen ohne hinreichende Regelung in den Terms of Service und ohne Kenntnis der betroffenen Nutzer durchgeführt worden war, hatte sich auch in den USA Widerstand geregt. Zahlreiche Nutzer hatten sogar geklagt. In einem kürzlich vor einem amerikanischen Gericht geschlossenen Vergleich war die Unzulässigkeit der ungefragten „Sponsored Stories“ angenommen und den klagenden Nutzern eine Geldentschädigung zugesprochen worden.

Auch wenn Facebook den Zusammenhang zwischen dem Ausgang des Verfahrens zu den „Sponsored Stories“ und die nun vorgesehene Änderung der „Data Use Policy“ bestreitet, so fällt der zeitliche Zusammenhang schon auf. Deutlich wird in jedem Fall, dass Facebook den werblichen Einsatz des sog. „Social Graph“ weiter vorantreibt, indem es für Nutzer natürlich deutlich attraktiver erscheint, wenn Nutzer aus dem eigenen Freundeskreis als „Testimonial“ in einer Werbung auftauchen als in „neutralen“ Anzeigen.  So ist davon auszugehen, dass Facebook  Name und Foto in Werbeanzeigen verwenden möchte, wenn ein Facebook Nutzer eine Unternehmensseite oder ein bestimmtes Produkt „liked“ oder im Zusammenhang mit einem Post nennt.

Gegebenenfalls soll der Post – wie in dem nachfolgenden Beispiel einer „Sponsored Story“ – als entsprechende Werbeanzeige verwendet werden können:

sponsored-stories

B. Rechtliche Bewertung der Änderungen

Das deutsche Datenschutzrecht sieht vor, dass personenbezogene Daten (wie Name, Profilbild und wohl auch die zu verwendenden „Informationen“) nur verwendet werden dürfen, wenn der Nutzer zugestimmt hat oder eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage dies erlaubt.

Da eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage nicht greift, muss Facebook die Einwilligung zur genannten Verwendung der Daten einholen. Die Nutzung von Namen als Werbeträger ist ohne Einwilligung in jedem Fall unzulässig.

Nach deutschem Datenschutzrecht wird das von Facebook gewählte Vorgehen aber wohl nicht zu einer rechtswirksamen Einwilligung führen. Eine entsprechende Einwilligung muss besonders hervorgehoben sowie bewusst und eindeutig und auf Grundlage einer hinreichenden Aufklärung erteilt werden. Neben der fehlenden Hervorhebung scheitert eine datenschutzrechtliche Einwilligung daran, dass nicht klar ist, welche „Informationen“ im Rahmen der Werbung herangezogen und/oder verwendet werden sollen.

Durch die Verwendung als Werbefigur eines Unternehmens ist neben dem Recht des Nutzers auf informationelle Selbstbestimmung auch sein Recht auf Bestimmung über seine Selbstdarstellung beeinträchtigt. Sollte Facebook – wie in Nr.3 angedeutet – entsprechend bezahlte Anzeigen nicht entsprechend als Werbung kennzeichnen, so ist außerdem von einem Verstoß gegen das Trennungsgebot des § 6 TMG, der eine klare Kennzeichnung kommerzieller Kommuinkation fordert, auszugehen.

Facebook bietet in seinen Privatsphäreeinstellungen zwar die Möglichkeit an, die Verwendung als Werbeträger auszuschalten. Diese Möglichkeit zum „Opt-Out“ genügt dem deutschen (Datenschutz-)recht jedoch nicht, welches für eine entsprechende Datenverwendung eine ausdrückliche, aktive Zustimmung im Sinne eines „Opt-In“ erfordert.

Nach den obenstehenden Ausführungen soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Anwendung deutschen Datenschutzrechts auf Facebook zumindest diskutiert werden kann. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein (Beschlüsse vom 22. April 2013 (Aktenzeichen 4 MB 10/13 und 11/13) ist (mit nachvollziehbarer Argumentation) vor Kurzem davon ausgegangen, dass die Facebook Ltd sich aufgrund des Sitzes in Irland allein an irischem Datenschutzrecht zu orientieren hat.

In einer vergleichbaren Konstellation ist das LG Berlin (Aktenzeichen: 15 O 92/12) bezüglich der Datenschutzbestimmungen von Apple (Sitz in Irland) mit einer diskutablen Begründung von der Anwendbarkeit deutsche Datenschutzrechts ausgegangen und hat zahlreiche Klauseln für unzulässig erklärt.

Auch wenn also durchaus diskutiert werden kann, ob bezüglich der vorgenannten Facebook Änderungen deutsches oder irisches Datenschutzrecht als Maßstab heranzuziehen ist, verbleiben doch erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der Änderungen aufgrund der Tatsache, dass (auch in Irland anzuwendende) europäische Datenschutzgrundsätze aus der europäischen Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr eine (aktive) Einwilligung auf Grundlage einer hinreichenden Aufklärung erfordern.

C. Resümee und Praxishinweis für Nutzer

Jedem Mitglied von Facebook sollte klar sein, dass Facebook ein Werbeunternehmen und er das Produkt ist. Solange Nutzer transparent und umfassend über die Verwendung ihrer Daten informiert werden und über entsprechende Einwilligungsmechanismen (Opt-In) hinreichende Kontrollmöglichkeiten haben, ist gegen die entsprechende Verwendung der Daten nichts einzuwenden.

Problematisch erscheint bei Facebook jedoch immer wieder, dass die Änderungen der Datenschutzbestimmungen aufgezwungen werden, oft unklar sind und der Nutzer nicht wirklich eine Wahl- oder Kontrollmöglichkeit erhält, die deutschem bzw. europäischen Recht genügt.

Da die Anwendbarkeit deutschen Rechts derzeit unklar ist, eine etwaige rechtliche Prüfung der Änderungen bzw. der Datenverwendung im Rahmen von Werbung in Irland viel Zeit in Anspruch nehmen wird, ist Nutzern, die einen Einsatz als „Werbeträger“ vermeiden wollen zu raten, die entsprechend gewünschten Einschränkungen in den Privatsphäreinstellungen zu den „Facebook Werbeanzeigen“ vorzunehmen.

Die weiteren Änderungen in den Datenschutzbestimmungen, nach denen Facebook die Möglichkeiten der Gesichtserkennung weiter vorantreiben will, indem entsprechende Bilderdaten zur weitergehenden Auswertung in eine zentrale Datenbank gespeichert werden können sollen, gelten aufgrund vorheriger datenschutzrechtlicher Auseinandersetzungen um entsprechende biometrische Daten in Deutschland und Europa (vorerst) nicht.

UPDATE: Nachdem mein obenstehender Artikel einiges Interesse für das Thema geweckt hat und zahlreiche Nachfragen aufgekommen sind, wo man den „Einsatz als Werbeträger“ denn „ausschalten“ könne, nun noch einmal ausdrücklich der LINK zu den entsprechenden Einstellungen von Facebook, in denen man im unteren Bereich entscheiden kann, ob ein bestimmter Nutzerkreis entsprechende Werbeanzeigen sehen können soll oder „Niemand“.

Weiterführend:

Urteil des LG Berlin: Facebook Nutzungsbedingungen und Datenschutzerklärung teilweise rechtswidrig

Facebook ändert seine Terms of Service – Zulässigkeit der nachträglichen Änderung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)

Zensur bei Facebook ? Nutzungsbedingungen in Sozialen Medien und Reichweite des virtuellen Hausrechts

Gerne stehen wir bei weitergehenden Fragen oder Interesse an einem entsprechenden Inhouse Workshop telefonisch unter +49 (0) 711 860 40 025 oder via E-Mail carsten.ulbricht@menoldbezler.de zur Verfügung.

Comments

  1. Wir vom Projekt Surfer haben Rechte des Verbraucherzentrale Bundesverband kommen zu dem gleichen Ergebnis: http://www.surfer-haben-rechte.de/cps/rde/xchg/digitalrechte/hs.xsl/75_2862.htm?back=index.htm
    Zu beachten ist noch, dass Facebook auch für gesponserte Meldungen bereits seit längerem für deutsche Nutzer besondere Bestimmungen hat. Dort heißt es, dass Ziffer 10 der AGB für deutsche Nutzer durch folgende Klausel ersetzt wird:
    „Unser Ziel ist es Werbe¬anzeigen nicht nur für Werbetreibende sondern auch für die Nutzer wertvoll zu gestalten. Damit dies möglich ist, erklärst du dich mit Folgendem einverstanden:
    Du erteilst uns die Erlaubnis, sofern du in den Privatsphäre-Einstellungen nichts anderes festgelegt hast, deinen Namen und dein Profilbild für kommerzielle, gesponsorte oder verwandte Inhalte (wie z. B. einer Marke, die dir gefällt), die von uns zur Verfügung gestellt oder gestaltet werden, einzusetzen.“
    Diese Klausel wurde im Zuge der neuen Anpassung der Bedingungen nicht geändert, gilt also für deutsche Nutzer weiter fort. Im Ergebnis ändert das meiner Meinung nach aber nichts, denn die Datenverwendung für gesponserte Werbeanzeigen ist nämlich wie immer bei Facebook erst einmal für alle Nutzer voreingestellt. Somit stimmt der Nutzer der Verwendung seiner Daten für gesponserte Werbung automatisch bei der Anmeldung zum Sozialen Netzwerk zu. Eine gesonderte erforderliche Einwilligung erfolgt nicht.

  2. Bei den ganzen aufgezählten Rechten, die Facebook verletzt, fehlt noch das Urheberrecht. Wenn Facebook ein Profilbild mit Schöpfungshöhe verwendet, kann der Urheber von Facebook eine angemessene Vergütung nachträglich einklagen.

    • culbricht says:

      Das ist so nicht ganz richtig. Facebook lässt sich in den Terms of Service entsprechende Nutzungsrechte an den nutzergenerierten Inhalten (dort als „IP-Inhalte“ bezeichnet) einräumen. Die Verwendung der vom Nutzer eingestellten Bilder innerhalb entsprechender Werbeanzeigen ist in urheberrechtlicher Hinsicht wohl gedeckt.

      • §32 Abs 1 UrhG: Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.

        Die Terms of Service sind also nichtig.

        • culbricht says:

          Paragraf 32 UrhG führt keinesfalls zur Nichtigkeit der entsprechenden Klausel, sondern allenfalls zu einem Anspruch auf mehr Vergütung. Dieser Anspruch besteht aber auch nur bei einem entsprechend groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Das Missverhältnis wird anhand der jeweiligen Branchenüblichkeit beurteilt.

          Eine Branchenüblichkeit bei entsprechenden Internetplattformen, die kostenlos nutzbar sind und sich „dafür“ Daten und Nutzungsrechte übertragen lassen, wird sich kaum feststellen lassen. Und wenn spricht diese eher für eine kostenlose Übertragung…

          Paragraf 32 UrhG wird sich vorliegend also eher nicht anwenden lassen.

  3. was passiert eigentlich, wenn man dieser Änderung widerspricht? Killt Facebook dann den Account?

    • culbricht says:

      Widersprüche in den Kommentaren oder auf der Plattform selbst bleiben von Facebook unberücksichtigt bzw. unbeantwortet.

      Ansonsten verweise ich auf die Ausführungen im oben stehenden Text:

      „Nach der Sonderregelung für deutsche Nutzer gelten diese Änderungen, nicht wie für die übrigen über 1 Milliarde Facebookmitglieder sofort, sondern erst 30 Tage nach der Information über die Änderung. Diese „deutschen Sonderregeln“ sehen weiter vor, dass derjenige, der die Änderungen nicht akzeptieren möchte, sein Konto doch bitte löschen möge. Wenn der Nutzer Facebook stattdessen weiternutzt, soll dies als Annahme der Änderungen gelten.“

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  1. […] zukünftigen Änderungen der Datenschutzbestimmungen auf Facebook geht. Viele deutsche Medien und Blogs haben über diese Änderungen bereits im Detail berichtet, und auch wir wollen an dieser Stelle einen kleinen Überblick über die Änderungen geben. Konkret […]

  2. […] Einordnung in Sachen Anwendbarkeit von deutschem Recht zu diesen Änderungen gibt es bei RA Dr. Carsten […]

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