Abmahnungen für User Generated Content

Derzeit ist im Recht der neuen Medien kaum kaum ein Thema so stark in der Diskussion, wie die Frage der Haftung von Forumsbetreibern für von Usern eingestellte Inhalte (sog. User Generated Content). Zahlreiche Abmahnungen, die teilweise allein kommerzielle Interessen verfolgen und nicht wirklich den Schutz von Intellectual Property erreichen wollen, sorgen aktuell dafür, dass dieses Thema vielen betroffenen Forumsbetreibern „auf den Nägeln brennt“. Fast täglich hört man mittlerweile von Abmahnungen, in denen die Forumsbetreiber zur Verantwortung gezogen werden sollen. Der Tatsache, dass sich einige der Betreiber mittlerweile im Rahmen eines Widerspruchs gegen eine etwaige einstweilige Verfügung bzw. im Wege einer negativen Feststellungsklage zur Wehr setzen, sorgt dafür dass sich – langsam aber sicher – eine Rechtsprechungslinie herausbildet, die die Forumsbetreiber optimistischer in Zukunft blicken lassen sollte.

Forumsbetreiber haften nur bei Verletzung von Prüfungspflichten

In dem richtungsweisenden Urteil des BGH zum Thema „Internet-Versteigerung“ (Urteil vom 11.03.2004 – I ZR 304/01) wurde erstmals höchstrichterlich die Voraussetzungen definiert, unter denen ein Forumsbetreiber für rechtsverletzendes User Generated Content verantwortlich gemacht werden kann. Zunächst stellte der BGH – zu Ungunsten der Forumsbetreiber – fest, dass die Haftungspriviliegierung des Teledienstgesetzes (TDG), nicht für Unterlassungsansprüche eingreift, sondern allenfalls für etwaige Schadenersatzansprüche.

Abgesehen davon wurde jedoch festgestellt, dass gegen den Forumsbetreiber ein direkter (hier markenrechtlicher) Unterlassungsanspruch zunächst auscheide, da der Betreiber weder Täter noch Teilnehmer der spezifischen Rechtsverletzung war. Dadurch, dass der Betreiber vorliegend den registrierten Mitgliedern die Plattform zur Einstellung etwaiger Inhalte zur Verfügung stellte und dort möglicherweise „rechtsverletzendes“ Content eingestellt wurde, begeht der Betreiber nämlich selbst keine Schutzrechtsverletzung. Dies wurde aus der Tatsache gefolgert, dass die Inhalte der Nutzer grundsätzlich in einem automatischen Verfahren ins Internet gestellt wurden, ohne dass vorher eine Prüfung stattfand. Auch eine Haftung als Teilnehmer an der möglichen Markenverletzung des Mitglieds schied aus, weil die hier allein in Betracht zu ziehende Gehilfenstellung zumindest einen bedingten Vorsatz voraussetzt, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (vgl. BGH GRUR 2004, 860 ff (Internetversteigerung)).

Weiterhin wurden die heute häufig entscheidenden Grundsätze zu einer möglichen Störerhaftung ausgeführt. Danach kann derjenige, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich oder adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Guts beiträgt, nur dann als Störer für eine Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn dieser die Möglichkeit hatte, den Dritten an seiner Störungshandlung zu hindern, bzw. wenn ein durch einen Dritten geschaffenen rechtswidrigen Zustand aufrecht erhalten wird.

Eine Haftung tritt danach nur dann ein, wenn es dem Betreiber möglich war, das Posting oder den Eintrag zu löschen, um so die Rechtsverletzung zu beseitigen. Daraus ist zu folgern, dass dem Betreiber bei einem entsprechenden Hinweis eine Prüfungspflicht obliegt. Folgt aus der Prüfung ein Rechtsverstoß ist der Betreiber verpflichtet, den jeweiligen Inhalt unmittelbar zu löschen und – im Rahmen des technisch Möglichen und Zumutbaren – dafür Sorge zu tragen, dass kerngleiche Verstöße auf der Plattform zukünftig nicht mehr auftreten. Danach ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Forumsbetreiberetreiber erst ab Kenntnis bzw. nach dem Verstreichen einer angemessenen Überprüfungspflicht für rechtsverletzende Inhalte der User der Plattform zur Verantwortung gezogen werden können.

Rechtsprechungstrend wird von verschiedenen Gerichten bestätigt

Aktuellere Urteile einzelner Land- und Oberlandesgerichte bestätigen diesen Trend, der sich im wesentlichen dadurch kennzeichnet, dass dem Forumsbetreiber – ab positiver Kenntnis von einer bestimmten Rechtsverletzung durch User Generated Content auf seiner Plattform – spezielle Prüfungspflichten obliegen. Für solche rechtsverletzenden Inhalte kann der Forumsbetreiber demnach grundsätzlich nur verantwortlich gemacht werden, soweit er diese Prüfungspflichten verletzt.

Legt man diese Rechtsprechungstendenzen zugrunde kann man jedem Betreiber einer entsprechenden Plattform im Internet (d.h. Wikis, Blogs, Shops, Versteigerungs- oder Produktbewertungsplattformen oder anderer Portale mit User Generated Content) nur raten, Abmahnungen wegen angeblicher Verletzungen gewerblicher Schutzrechte durch User Generated Content nicht einfach hinzunehmen, sondern im Einzelfall auf ihre Berechtigung zu prüfen/prüfen zu lassen.

Aktuelle Verfahren

Gerade aktuell führen wir für einen unseren Mandanten, der eine Web 2.0 Plattform im Internet betreibt, ein entsprechendes gerichtliches Verfahren gegen eine solche Abmahnung durch, von welchem wir uns nicht nur die „Zurückweisung“ der Unterlassungsansprüche versprechen, sondern auch weitergehende Klarheit für alle Betroffenen, zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen Forumsbetreiber für User Generated Content einzustehen haben.

Über die weitere Entwicklung des Verfahrens werde ich hier selbstverständlich berichten.

Es bleibt auf jeden Fall spannend…

Weiterführend zu diesem Thema:

Haftung für User Generated Content – Grundsätze und Hinweise für die Praxis
Rechtsprechung zur Haftung für User Generated Content bestätigt

Gerne stehen wir bei weitergehenden Fragen oder Interesse an einem entsprechenden Inhouse Workshop telefonisch unter +49 (0) 711 860 40 025 oder via E-Mail carsten.ulbricht@menoldbezler.de zur Verfügung.

Comments

  1. Na das sind ja mal positive Aussichten.

  2. Tja, so is das mitm Internet…aber letztendlich ist es wie mit Drogen, Anschlägen und und und…Die Balance muss gehalten werden und jegliche Form eines Absolutismus verhindert.

    Aber um keine Rechtsverletzungen zu begehen und trotzdem coole UGC Videos zu sehen und zu uppen gibt es ja

    www_youdofilms_com

    Einfach mal raufgehen und reinziehen.

    Viel Spaß

  3. Im Blog steht: Über die weitere Entwicklung des Verfahrens werde ich hier selbstverständlich berichten.

    Ist das Urteil irgendwo nachzulesen?

Trackbacks

  1. Gerade einen sehr interessanten Artikel eines neuen Lawbloggers namens Carsten Ulbricht gefunden. Er behandelt in seinem Artikel die Frage, inwiefern die Betreiber eines Portals für User generated Content zu haften haben. Sehr interessant zum jetzigen…

  2. in unserem Blogbeitrag hatten wir ja bereits kurz angedeutet, dass wir für einen unserer Mandanten eine negative Feststellungsklage eingereicht haben, um die elementare Frage zu klären, ob und unter welchen Voraussetzungen Forumsbetreiber für „User Gen

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