Neues Marketing – und Werberecht – Aktuelle Änderungen des UWG und deren Auswirkungen

Zum 30.12.2008 wurden im deutschen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zur Umsetzung verschiedener europäischer Richtlinien (unter anderem der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken zwischen Unternehmern und Verbrauchern) diverse Änderungen vorgenommen. Neben einzelnen Umfomulierungen des Gesetzes deren Auswirkungen nachfolgend kurz erläutert werden, soll insbesondere auch die neu eingeführte sogenannte „Schwarze Liste“ vorgestellt werden, die relativ konkret 30 geschäftliche Handlungen auflistet, die immer verboten sind und damit auch unter Wettbewerbern abgemahnt werden können.

Viele von diesen ausdrücklich aufgeführten Tatbeständen, die unter Wettbewerbern nicht nur einen Unterlassungsanspruch, sondern bei entsprechendem Verschulden auch einen Schadenersatzanspruch begründen, dürften insbesondere auch für Marketingmaßnahmen im Internet und auch die neuen Möglichkeiten des Social Media Marketing oder auch des Viralen Marketing, die das Onlinemarketing immer interessanter machen, von Relevanz sein. Bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber mit den neuen Regelungen diesen spannenden neuen Marketing-Tools keine allzu hohen Hürden in den Weg gelegt hat.

Zielsetzung der europäischen Richtlinie und damit auch die Umsetzung der nachfolgenden Regelungen im UWG war es unter anderem die betroffenen Sachverhalte in den EU-Mitgliedstaaten zu harmonisieren und einheitlich zu regeln. Dies soll der grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr (und damit auch das Internetgeschäft) entsprechend erleichtern und sorgt – zumindest teilweise – dafür, dass man als Unternehmer von entsprechenden Standards auch in den anderen europäischen Mitgliedsstaaten ausgehen darf.

I. Die wesentlichsten Änderungen im Gesetz und deren Auswirkungen

In § 1 UWG n.F. wird der Anwendungsbereich des Wettbewerbsrechts von der sogenannten „Wettbewerbshandlung“ auf jede „geschäftliche Handlung“ erweitert. Damit werden auch Handlungen einbezogen, die im Zusammenhang mit der Vertragsanbahnung stehen oder nach einem etwaigen Vertragsschluss liegen. Die geschäftliche Handlung wird in § 2 UWG näher definiert.

Weiterhin hat der Gesetzgeber die Erheblichkeitsschwelle konkretisiert. Nur wenn eine Verletzungshandlung geeignet ist, die wirtschaftliche Entscheidung eines Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen, kann von einer erheblichen und damit wettbewerbswidrigen Handlung ausgegangen werden. Dieses Kriterium ändert allerdings nichts Wesentliches zu der ohnehin schon geltenden Rechtsprechung.

Schließlich wird das ebenfalls schon geltende Irreführungsgebot des § 5 UWG etwas ausgedehnt und konkretisiert. Nach neuer Rechtslage handelt derjenige unlauter, der eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. von einer entsprechenden Irreführung kann man ausgehen, wenn unwahre Angaben über ein Produkt oder eine Dienstleistung gemacht werden oder zur Täuschung geeignete Angaben über die in § 5 Nr. 1 bis 7 UWG abschließend geregelten Umstände. Solche „Umstände (sprich Produkt- oder Dienstleistungsinformationen) über die keine irreführenden Angaben gemacht werden dürfen, sind insbesondere die Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft einer Ware oder einer Dienstleistung.

Eine Irreführung im Sinne des § 5 UWG liegt außerdem vor wenn durch eine geschäftliche Handlung (z.B. eine Werbung für eine Dienstleistung oder ein Produkt im Internet) bei den potentiellen Abnehmern eine Verwechslungsgefahr mit der Ware, der Dienstleistung, der Marke oder dem Unternehmenskennzeichen eines Mitbewerbers hervorgerufen wird.

II. Die „Schwarze Liste“ unlauterer Geschäftlichtshandlungen

Die nachfolgend aufgeführten geschäftlichen Handlungen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers stets wettbewerbswidrig sein.

Liest man sich die einzelnen Tatbestände durch, so wird schnell klar, dass die Liste noch eine Vielzahl nicht ganz klarer Rechtsbegriffe enthält, die sicherlich noch etwas von der Rechtsprechung konkretisiert werden müssen.

Dennoch sollte man etwaige Marketingmaßnahm oder -kampagnen als Werbeunternehmen oder als Berater in diesem Bereich grob durch das nachfolgende Raster laufen lassen, ob einer der Tatbestände unmittelbar eingreift. Gegebenfalls sollte man sich über Maßnahmen Gedanken machen, die aus einem entsprechenden Risiko herausführen oder dieses zumindest kalkulierbar machen.

Nach dem dem neuen Anhang zu § 3 Abs.3 UWG sind folgende geschäftliche Handlungen unzulässig (sog. Verbote ohne Wertungsvorbehalt):

1. die unwahre Angabe eines Unternehmers, zu den Unterzeichnern eines Verhaltenskodexes zu gehören;
2. die Verwendung von Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung;
3. die unwahre Angabe, ein Verhaltenskodex sei von einer öffentlichen oder anderen Stelle gebilligt;
4. die unwahre Angabe, ein Unternehmer, eine von ihm vorgenommene geschäftliche Handlung oder eine Ware oder Dienstleistung sei von einer öffentlichen oder privaten Stelle bestätigt, gebilligt oder genehmigt worden, oder die unwahre Angabe, den Bedingungen für die Bestätigung, Billigung oder Genehmigung werde entsprochen;
5. Waren- oder Dienstleistungsangebote im Sinne des § 5a Abs. 3 zu einem bestimmten Preis, wenn der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen (Lockangebote). Ist die Bevorratung kürzer als zwei Tage, obliegt es dem Unternehmer, die Angemessenheit nachzuweisen;
6. Waren- oder Dienstleistungsangebote im Sinne des § 5a Abs. 3 zu einem bestimmten Preis, wenn der Unternehmer sodann in der Absicht, stattdessen eine andere Ware oder Dienstleistung abzusetzen, etwas Fehlerhaftes vorführt oder sich weigert zu zeigen, was er beworben hat, oder sich weigert, Bestellungen dafür anzunehmen oder die beworbene Leistung innerhalb einer vertretbaren Zeit zu erbringen;
7. die unwahre Angabe, bestimmte Waren oder Dienstleistungen seien allgemein oder zu bestimmten Bedingungen nur für einen sehr begrenzten Zeitraum verfügbar, um den Verbraucher zu einer sofortigen geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen ohne dass dieser Zeit und Gelegenheit hat, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden;
8. Kundendienstleistungen in einer anderen Sprache als derjenigen, in der die Verhandlungen vor dem Abschluss des Geschäfts geführt worden sind, wenn die ursprünglich verwendete Sprache nicht Amtssprache des Mitgliedstaats ist, in dem der Unternehmer niedergelassen ist; dies gilt nicht, soweit Verbraucher vor dem Abschluss des Geschäfts darüber aufgeklärt werden, dass diese Leistungen in einer anderen als der ursprünglich verwendeten Sprache erbracht werden;
9. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, eine Ware oder Dienstleistung sei verkehrsfähig; 10. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, gesetzlich bestehende Rechte stellten eine Besonderheit des Angebots dar;
11. der vom Unternehmer finanzierte Einsatz redaktioneller Inhalte zu Zwecken der Verkaufsförderung, ohne dass sich dieser Zusammenhang aus dem Inhalt oder aus der Art der optischen oder akustischen Darstellung eindeutig ergibt (als Information getarnte Werbung);
12. unwahre Angaben über Art und Ausmaß einer Gefahr für die persönliche Sicherheit des Verbrauchers oder seiner Familie für den Fall, dass er die angebotene Ware nicht erwirbt oder die angebotene Dienstleistung nicht in Anspruch nimmt;
13. Werbung für eine Ware oder Dienstleistung, die der Ware oder Dienstleistung eines Mitbewerbers ähnlich ist, wenn dies in der Absicht geschieht, über die betriebliche Herkunft der beworbenen Ware oder Dienstleistung zu täuschen;
14. die Einführung, der Betrieb oder die Förderung eines Systems zur Verkaufsförderung, das den Eindruck vermittelt, allein oder hauptsächlich durch die Einführung weiterer Teilnehmer in das System könne eine Vergütung erlangt werden (Schneeball- oder Pyramidensystem);
15. die unwahre Angabe, der Unternehmer werde demnächst sein Geschäft aufgeben oder seine Geschäftsräume verlegen;
16. die Angabe, durch eine bestimmte Ware oder Dienstleistung ließen sich die Gewinnchancen bei einem Glücksspiel erhöhen;
17. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, der Verbraucher habe bereits einen Preis gewonnen oder werde ihn gewinnen oder werde durch eine bestimmte Handlung einen Preis gewinnen oder einen sonstigen Vorteil erlangen, wenn es einen solchen Preis oder Vorteil tatsächlich nicht gibt, oder wenn jedenfalls die Möglichkeit, einen Preis oder sonstigen Vorteil zu erlangen, von der Zahlung eines Geldbetrags oder der Übernahme von Kosten abhängig gemacht wird;
18. die unwahre Angabe, eine Ware oder Dienstleistung könne Krankheiten, Funktionsstörungen oder Missbildungen heilen;
19. eine unwahre Angabe über die Marktbedingungen oder Bezugsquellen, um den Verbraucher dazu zu bewegen, eine Ware oder Dienstleistung zu weniger günstigen Bedingungen als den allgemeinen Marktbedingungen abzunehmen oder in Anspruch zu nehmen;
20. das Angebot eines Wettbewerbs oder Preisausschreibens, wenn weder die in Aussicht gestellten Preise noch ein angemessenes Äquivalent vergeben werden;
21. das Angebot einer Ware oder Dienstleistung als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder dergleichen, wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind; dies gilt nicht für Kosten, die im Zusammenhang mit dem Eingehen auf das Waren- oder Dienstleitungsangebot oder für die Abholung oder Lieferung der Ware oder die Inanspruchnahme derDienstleistung unvermeidbar sind;
22. die Übermittlung von Werbematerial unter Beifügung einer Zahlungsaufforderung, wenn damit der unzutreffende Eindruck vermittelt wird, die beworbene Ware oder Dienstleistung sei bereits bestellt;
23. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, der Unternehmer sei Verbraucher oder nicht für Zwecke seines Geschäfts, Handels, Gewerbes oder Berufs tätig;
24. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, es sei im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als dem des Warenverkaufs oder der Dienstleistung ein Kundendienst verfügbar;
25. das Erwecken des Eindrucks, der Verbraucher könne bestimmte Räumlichkeiten nicht ohne vorherigen Vertragsabschluss verlassen;
26. bei persönlichem Aufsuchen in der Wohnung die Nichtbeachtung einer Aufforderung des Besuchten, diese zu verlassen oder nicht zu ihr zurückzukehren, es sein denn, der Besuch ist zur rechtmäßigen Durchsetzung einer vertraglichen Verpflichtung gerechtfertigt;
27. Maßnahmen, durch die der Verbraucher von der Durchsetzung seiner vertraglichen Rechte aus einem Versicherungsverhältnis dadurch abgehalten werden soll, dass von ihm bei der Geltendmachung seines Anspruchs die Vorlage von Unterlagen verlangt wird, die zum Nachweis dieses Anspruchs nicht erforderlich sind, oder dass Schreiben zur Geltendmachung eines solchen Anspruchs systematisch nicht beantwortet werden;
28. die in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder, selbst die beworbene Ware zu erwerben oder die beworbene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene dazu zu veranlassen;
29. die Aufforderung zur Bezahlung nicht bestellter Waren oder Dienstleistungen oder eine Aufforderung zur Rücksendung oder Aufbewahrung nicht bestellter Sachen, sofern es sich nicht um eine nach den Vorschriften über Vertragsabschlüsse im Fernabsatz zulässige Ersatzlieferung handelt und
30. die ausdrückliche Angabe, dass der Arbeitsplatz oder Lebensunterhalt des Unternehmers gefährdet sei, wenn der Verbraucher die Ware oder Dienstleistung nicht abnehme.“

Auch wenn der Gesetzgeber mit nachfolgenden Beispielen sicher etwas über das Ziel hinausschießt, kommt man als Betroffener wohl nicht umhin, damit zumindest ein wenig zu beschäftigen. Als Werbeagentur die dem Kunden ein klar rechtswidriges Werbekonzept verkauft, tut man sich sicher keinen Gefallen.

III. Resümee

Während die Änderungen in den genannten Paragraphen nur Einzelheiten klarstellen oder die ohnehin schon geltende Rechtsprechung in Gesetzesform giessen, birgt der neue Anhang verbotener geschäftlicher Handlungen doch einiges Streitpotential. Hier bringt der Gesetzgeber – wenn auch mit nicht immer trennscharfen Rechtsbegriffen – zum Ausdruck, was nicht erlaubt sein soll.

Hier gilt es die weitere Rechtsprechung zu beachten und bei Handlungen, die der Schwarzen Liste entsprechen, ein wenig Vorsicht walten zu lassen und zu überlegen, wie man entsprechende rechtliche Risiken verhindern oder zumindest reduzieren kann.

Weiterführende Links:

Virales Marketing – Webung in einer rechtlichen Grauzone ?
Empfehlungsmarketing im Internet – Tell-a-Friend Funktion nur unter engen Grenzen rechtlich zulässig

Gerne stehen wir bei weitergehenden Fragen oder Interesse an einem entsprechenden Inhouse Workshop telefonisch unter +49 (0) 711 860 40 025 oder via E-Mail carsten.ulbricht@menoldbezler.de zur Verfügung.

Comments

  1. Als Nicht-Jurist und Verbraucher finde ich das sensationell. Dickes Lob für den Gesetzgeber!

    Einige Punkte sind ziemliche Hämmer. Unter anderem der Punkt 11 („als Information getarnte Werbung“). Der entzieht potentiell ganzen Branchen die Geschäftsgrundlage.

  2. Hallo FFD,

    Sie haben vollkommen recht. Mit dieser Liste hat der Gesetzgeber – vor allem wegen den vielen unbestimmten Rechtsbegriffe – es vielen Werbetreibenden sicher nicht leichter gemacht.

    Insofern wird abzuwarten sein, was die Gerichte aus den Punkte machen. Klar ist aber, dass diese in Gesetzesform gegossene Liste erst einmal in der Welt ist.

    Der Punkt 11, den Sie ansprechen, soll das Trennungsgebot zwischen redaktionellen Inhalten und Werbung sicherstellen, damit der Verbraucher nicht in die Irre geführt wird.

    Solchen Regelungen ist wohl nur beizukommen, indem man unter anderem argumentiert, dass der informierte und medienkompetente Durchschnittsverbraucher (gerade im Internet) in vielen Bereichen entsprechende Werbebotschaften auch ohne ausdrückliche Kennzeichnung als solche erkennt.

    Ob die Gerichte solchen Argumentationslinien folgen werden, bleibt abzuwarten.

    Beste Grüsse nach Hamburg

    CU

  3. A. Roth says:

    Ich schließe mich FFD gerne an!
    Als Nicht-Jurist verstehe ich alle Punkte – außer 9: Wann ist eine Ware/Dienstleistung „verkehrsfähig“.

    Grüße aus München
    A. Roth

  4. An den Punkten 16, 17 und 20 dürften wohl viele Haushalte großes Gefallen finden. Ich jedenfalls werde beim nächsten wannabe-Preisausschreiben direkt mal meinen lieben Rechtsanwalt einschalten 😉

    Gruß aus dem Werbedschungel

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