Bewertung der Änderungen der Instagram AGB aus urheber- und datenschutzrechtlicher Sicht – Ein Skandal… oder doch nicht ?!

Gestern griffen zahlreiche alte und neue Mediendienste die Meldung aus den USA auf, dass der beliebte Foto-Sharing Dienst Instagram die eigenen Nutzungsbedingungen (Terms of Use) zum 16.Januar 2013 ändern wird und nun die Nutzerbilder verkaufen und die Daten seiner über 100 Millionen Nutzer für Werbung nutzen wolle. Ganz offensichtlich will Facebook, die den Fotodienst dieses Jahr erworben haben, nun die Grundlagen für die weitere Integration und eine mögliche Monetarisierung der Fotos legen.

Tatsächlich finden sich in den oben genannten Medienberichten einige falsche bzw. verkürzten Ausführungen zu dem Thema und schüren so Panik. Zahlreiche Nutzer haben auch in Deutschland entsprechend reagiert und kundgetan, dass sie dem Dienst nun den Rücken kehren wollen. Ähnliche Protestwellen hat es schon mehrfach bei Änderungen der Nutzungsbedingungen gegeben (siehe etwa Twitpic “verkauft” Nutzerbilder an Vermarkter weiter).

Zu Recht… oder ist die aktuelle Geschichte wirklich nur unnötig aufgebauscht ?

Aus Sicht des Juristen muss man die Frage wohl mit einem klaren „Jein“ beantworten. Der nachfolgende Beitrag soll in möglichst laienverständlicher Form die Auswirkungen der Änderungen skizzieren. Auch wenn die Folgen wohl an vielen Stellen falsch interpretiert und urheber- und datenschutzrechtliche Fragen wild durcheinander geworfen werden, sind die geplanten Änderungen zumindest aus datenschutzrechtlicher Sicht durchaus beachtenswert. Ob dies dazu führen muss, dass man Instagram verlässt, muss jeder Nutzer für sich selbst entscheiden.

I. Die geplanten Änderungen

Diskutiert werden zwei zentrale, neu definierte Klauseln im Abschnitt „Rights“ in den Nutzungsbedingungen von Instagram:

„1. Instagram does not claim ownership of any Content that you post on or through the Service. Instead, you hereby grant to Instagram a non-exclusive, fully paid and royalty-free, transferable, sub-licensable, worldwide license to use the Content that you post on or through the Service, except that you can control who can view certain of your Content and activities on the Service as described in the Service’s Privacy Policy, available here: http://instagram.com/legal/privacy/.

2. Some or all of the Service may be supported by advertising revenue. To help us deliver interesting paid or sponsored content or promotions, you agree that a business or other entity may pay us to display your username, likeness, photos (along with any associated metadata), and/or actions you take, in connection with paid or sponsored content or promotions, without any compensation to you. If you are under the age of eighteen (18), or under any other applicable age of majority, you represent that at least one of your parents or legal guardians has also agreed to this provision (and the use of your name, likeness, username, and/or photos (along with any associated metadata)) on your behalf.“

 

 II. Die Vorwürfe und deren Bewertung

1. Instagram räumt sich Rechte ein, Nutzerbilder an Dritte weiterzuverkaufen

Tatsächlich lässt sich Instagram über die geänderte Klausel in Nr.1 nun eine nicht exklusive („non-exclusive“), kostenlose („fully paid and royalty-free“), unterlizenzierbare und damit übertragbare („transferable, sub-licensable“) weltweite („world-wide“) Nutzungslizenz an sämtlichen Bildern einräumen.

Sofern Nutzungsbedingungen von den Plattformbetreibern vorformuliert sind und sämtliche Nutzer diese akzeptieren müssen, um den jeweiligen Service zu nutzen, sind diese juristisch als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zu interpretieren, die im Gegensatz zu Individualverträgen spezifischen Grenzen unterliegen. Für die Kategorisierung als AGB ist es dabei unerheblich ob die jeweiligen Bedingungen Nutzungsbedingungen, Spielregeln, Terms of Service oder anderweitig heißen.

Im Grundsatz können sich Plattformbetreiber auch über AGB Nutzungsrechte an den eingestellten Inhalten einräumen. Was die reine Veröffentlichung im Internet anbetrifft, sollten sie dies sogar ausdrücklich regeln. Soweit nämlich die jeweiligen Inhalte urheberrechtlichen Schutz genießen, dürfen sie – bis auf wenige Ausnahmen – nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des Urhebers veröffentlicht, weitergegeben oder sonst wie genutzt werden. Fotos wie bei Instagram sind nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) – unabhängig von ihrer Qualität oder einem etwaigen künstlerischen Anspruch – stets urheberrechtlich geschützt. Da das Urheberrecht als solches nach deutschem Recht nicht übertragbar ist (§ 29 Satz 2 UrhG) bleibt dem Plattformbetreiber nur der Weg sich nach § 31 Abs. 1 UrhG vom Urheber entsprechende Nutzungsrechte einräumen zu lassen, die dann auch all das abdecken sollten, was der Plattformbetreiber mit den Inhalten zu tun beabsichtigt.

Formaljuristisch gesehen handelt es sich bei der Übertragung der Nutzungsrechte, die regelmäßig in den Nutzungsbedingungen der Seite erfolgt um einen Lizenzvertrag zwischen dem Urheber (sprich Lizenzgeber) und dem Plattformbetreiber (sprich Lizenznehmer). Die Lizenzbedingungen sollten dann eine Befugnis enthalten, das jeweilige Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen. Wie eine Übersicht über die Rechteeinräumungsklauseln bei Facebook, XING, Youtube & Twitter zeigt, sind ähnliche Klauseln zumindest in den USA durchaus verbreitet.

Die oben gennnte Nutzungslizenz bei Instagram steht jedoch unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der jeweiligen Privatsphäreeinstellungen (“except that you can control who can view certain of your Content and activities on the Service as described in the Service’s Privacy Policy”). Wer seine Bilder also nicht auf öffentlich stellt, räumt nicht einmal theoretisch entsprechende Nutzunsgsrechte ein.

Unter Zugrundelegung deutschen Rechts, auf welches sich deutsche Urheber in der Regel auch berufen können, ist eine so weitgehende Rechteeinräumungsklausel – wie bezüglich der Facebook AGB schon gerichtlich entschieden worden ist – ohnehin unzulässig und damit unwirksam (vgl. „Urteil des LG Berlin: Facebook Nutzungsbedingungen und Datenschutzerklärung teilweise rechtswidrig“).

Tatsächlich ist – wie nun auch Instagram ausdrücklich bestätigt  – nicht wirklich davon auszugehen, dass Instagram etwaige Nutzerbilder an externe Dritte zur Verwendung außerhalb von Instagram verkauft. Auch in diesem Fall zeigt sich wieder deutlich, dass die US-amerikanischen Plattformen sich mehr um Widerstand der Nutzer scheren, als um die Beachtung natinalstaatlicher Gesetze außerhalb der USA. Instagram hätte die diesbezüglichen Änderungen dennoch deutlicher und enger formulieren können. Dies wird bezüglich der Nr.1 wohl nun auch noch passieren.

 2. Instagram räumt sich die Rechte ein, mit Nutzerfotos Werbung zu betreiben

Mit der obenstehenden Nr.2 räumt sich Instagram das Recht ein, bei eigenen Werbeaktionen den Nutzernamen, das Nutzerbild und Fotos (mit Metadaten) zu verwenden.

Die Gestaltung erinnert ein wenig an die sogenannten Sponsored Stories bei Facebook. Eine entsprechende werbliche Vermarktung von Nutzerdaten und –inhalten hat Facebook bereits in den USA und auch Kanada  entsprechende Klage eingehandelt, weil eine entsprechende Vermarktung wohl auch in diesen Ländern einer ausdrücklichen Zustimmung des betroffenen Nutzers bedarf.

Wenn Instagram auf Grundlage von Nr.2 tatsächlich geschützte Daten im Rahmen von Werbung ähnlich den „Sponsored Stories“ verwerten möchte, so ist dies ohne ausdrückliche Zustimmung (hinreichend informiertes Opt-In) der Nutzer rechtswidrig.  Für deutsche Nutzer bestimmt § 28 Abs.3 S.1 BDSG, dass eine werbliche Verwertung personenbezogener Daten der ausdrücklichen Zustimmung bedarf. Diesen Voraussetzungen genügt Instagram derzeit nicht.

 3. Instagram zwingt die Nutzer die Änderungen der Terms of Use zu akzeptieren

Instagram formuliert in seinen Änderungen, dass mit der fortgesetzten Nutzung des Dienstes nach dem 16.Januar 2013 den Änderungen automatisch zugestimmt würde.

Wer die Änderungen nicht will, müssen den Dienst also verlassen. Mal abgesehen davon, dass eine solche Regelung im Hinblick auf den nun fälligen Nutzerschwund nicht wirklich vorausschauend erscheint, ist eine solche „automatische Zustimmung“ gegenüber deutschen Nutzern in rechtlicher Hinsicht wohl unwirksam.

Die Terms of Use sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB anzusehen, weil sie für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen darstellen, die eine Vertragspartei (Instagram) den anderen Vertragsparteien (Nutzer) bei Abschluss eines Vertrags stellt. AGB, die wirksam in einen Vertrag einbezogen wurden, können nachträglich geändert werden, wenn die Änderung den Anforderungen des § 305 Abs 2 BGB genügt.

Eine Änderung ist zunächst natürlich ohne weiteres möglich, indem der betroffene Nutzer (also jeder) der geänderten Fassung der AGB ausdrücklich zustimmt. Geänderte AGB gelten unabhängig davon natürlich gegenüber all den Nutzern, die sich nach der Änderung anmelden, da diese ja der neuen Fassung im Wege des oben genannten Opt-In zustimmen. Dies kann allerdings dazu führen, dass gegenüber verschiedenen Nutzern unterschiedliche Fassungen der jeweiligen AGB gelten.

Da die ausdrückliche Zustimmung aller Nutzer wenig praktikabel ist und natürlich auch die Geltung verschiedener AGB Fassungen das „Arbeiten“ nicht gerade erleichtert, sollten die AGB einen (wirksamen) Änderungsvorbehalt vorsehen. So kann man in die AGB ausdrücklich aufnehmen, dass eine Änderung nicht nur mit ausdrücklicher Zustimmung, sondern unter den nachfolgend aufgeführten erleichterten Voraussetzungen möglich sein soll. Ein solcher Änderungsvorbehalt muss aber im Hinblick auf die zu berücksichtigenden Interessen der angemeldeten Nutzer sachlich gerechtfertigt und so transparent sein.

Die ursprünglichen Terms of Use von Instagram sehen einen hinreichenden Änderungsvorbehalt jedoch nicht vor, was dazu führt, dass die Änderung der Nutzungsbedingungen nach deutschem Recht nur wirksam wäre, wenn jeder Nutzer der Änderung ausdrücklich zustimmt. Eine fortgesetzte Nutzung genügt hierfür nicht.

III. Fazit und Ausblick

Auf Grundlage der oben stehenden Ausführungen, ist also davon auszugehen, dass die Änderung der AGB durch Instagram unter Zugrundelegung deutschen Rechts als unwirksam anzusehen sind. Ob im Verhältnis deutscher Nutzer zu der Instagram trotz der Tatsache, dass deren Terms of Use die Geltung des Rechts des US-Staates Kalifornien vorsehen, deutsches Recht gilt bedarf einer weitergehenden Detailprüfung. Sollte aber auch insofern deutsches Recht anwendbar sein, wofür unter Berücksichtigung der urheber- und datenschutzrechtlichen Grundlagen einiges spricht, wären auch die erweiterten Rechteeinräumungen, die Instagram in den neuen Terms of Use vorsieht, nicht wirksam vereinbart worden. Im Falle einer Weitervermarktung eines Bildes eines deutschen Nutzers könnte dieser also auf Grundlage der oben stehenden Ausführungen gegen diese wegen eines Urheberrechts- und/oder Datenschutzverstoßes vorgehen.

Trotz der Unwirksamkeit der Änderungen lohnt es sich entsprechende Entwicklungen zu beobachten, weil sie zeigen, in welche Richtung sich entsprechende Plattformen entwickeln. Ob man als Nutzer bereit ist, solche Vermarktungsversuche hinzunehmen, muss jeder selbst entscheiden…

Wie die aktuelle Entwicklung um Instagram (oder ältere Geschichten wie z.B bei Facebook oder Twitpic) zeigen, tun sich entsprechende Netzwerke in Ansehung der ständigen Konkurrenz im Netz keinen Gefallen, wenn Nutzungsbedingungen und Datenschutzerklärungen nicht mit Blick auf rechtliche Grenzen und der notwendigen „Sensibilität“ für entsprechende Nutzerinteressen gestaltet werden. Einerseits ist die Rechteeinräumung zu einem gewissen Grad zur rechtlichen Absicherung zwingend erforderlich, andererseits bringen zu weitreichenden Rechteeinräumungen, vor allem wenn sie nachträglich integriert werden, immer wieder Ärger mit der angemeldeten Nutzerschaft.

Auch wenn Monetarisierungsbemühungen von Instagram, Facebook & Co natürlich nachvollziehbar sind, sollten die Plattformbetreiber solch SOZIALER Netzwerke den Deal mit den Nutzern und deren Interessen bedenken und von vorneherein auch in den Nutzungsbedingungen im Rahmen eines fairen Interessenahsgleichs antizipieren (weiterführend dazu auch Verwertung von User Generated Content und Einräumung von Nutzungsrechten bei Facebook, Youtube &Co – Auswirkungen für Verbraucher und Unternehmen).

Zentral wird dabei (auch aus rechtlicher Sicht) sein, dass man Änderungen hinreichend transparent macht und erklärt und den Nutzern die Kontrolle (Opt-In) gibt, darüber zu entscheiden, ob die jeweilige Änderung akzeptiert werden soll oder nicht. Dies ist Instagram nicht gut gelungen und löst angesichts der vagen Formulierungen der Änderungen und dem „Zwang“ diese Änderungen zu akzeptieren oder den Dienst zu verlassen nun entsprechende Proteste aus.

Instagram hat nun auch angekündigt, die „mißverständlichen“ Klauseln klarer zu formulieren. Meine Prognose: Instagram wird die angelegte „Verkaufsoption“ von Nutzerbildern beseitigen, die „Vermarktungsoption“ von Nutzerinhalten und –informationen aber beibehalten und allenfalls konkretisieren…

Weiterführend auch:

Beitrag beiTelemedicus mit ähnlicher Einschätzung Das Problem mit den neuen AGB von Instagram

Urteil des LG Berlin: Facebook Nutzungsbedingungen und Datenschutzerklärung teilweise rechtswidrig

Twitpic “verkauft” Nutzerbilder an Vermarkter weiter

Verwertung von User Generated Content

Facebook ändert seine Terms of Service – Zulässigkeit der nachträglichen Änderung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)

Einräumung von Nutzungsrechten bei Facebook, Youtube &Co – Auswirkungen für Verbraucher und Unternehmen

 

Gerne stehen wir bei weitergehenden Fragen oder Interesse an einem entsprechenden Inhouse Workshop telefonisch unter +49 (0) 711 860 40 025 oder via E-Mail carsten.ulbricht@menoldbezler.de zur Verfügung.

Trackbacks

  1. […] Artikel zum gleichen Thema von Martin Weigert bei netzwertig.com. Bei rechtzweinull äußert sich Rechtsanwalt Ulbricht zu den Änderungen der Nutzungsbedingungen. Auf der Seite […]

Speak Your Mind

*

Sicherheitsfrage *