Nun ist es also passiert… Nachdem neben den Landesmedienanstalten zahlreiche Rechtsanwaltskollegen und –kolleginnen schon seit einiger Zeit darauf hinweisen, dass die Pflicht zur Kennzeichnung von Werbung nicht nur in TV und Radio, sondern eben auch in den Sozialen Medien gilt, scheint es nun ernst(er) zu werden.
Mit Pressemitteilung vom 08.06.2017 hat die Medienanstalt Hamburg Schleswig Holstein nämlich mitgeteilt, dass man den Youtuber „Flying Uwe“ wegen fortgesetzter Verstöße gegen die Werbekennzeichnungspflichten in drei Youtube Videos aus §§ 58 Abs. 3 in Verbindung mit § 7 Abs. 5 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) mit einer Geldbuße von 10.500 € belegt hat.
Eine entsprechend hohe Geldbuße für drei Youtube Videos sollte Influencern, vermittelnden Agenturen und den beauftragenden Unternehmen nun doch erkennen lassen, dass es sich bei fehlenden Werbekennzeichnungen nicht (mehr) nur um einen unklaren rechtlichen Graubereich oder risikolose Bagatelle handelt, sondern eben um (teils) klare Verstöße, die neben Abmahnungen von Wettbewerbern oder Verbraucherschützern eben auch zu substantiellen Bußgeldern führen können.
Nachdem ich in diesem Blog schon im Jahr 2014 mit dem Beitrag „Influencer Marketing & Recht – Schleichwerbung bei Instagram, Facebook & Co“ einige wesentliche rechtliche Grundlagen erläutert hatte, möchte ich unter teilweiser Bezugnahme auf den aktuellen Fall von „Flying Uwe“ nachfolgend noch einmal kurz erläutern, warum und wann eine Kennzeichnungspflicht besteht und wie eine Kennzeichnung vorzunehmen ist.
Bezeichnenderweise hatte „Flying Uwe“ die ersten „freundlichen“ Hinweise der Landesmedienanstalt auf eine mögliche Strafe nicht so wirklich ernst genommen und in dem nachfolgenden, durchaus sehenswerten Video kommentiert:
Da das Video die offensichtlichen Irrtümer bzw. Unwissenheit einiger Influencer sehr deutlich werden lässt, habe ich die teilweise sehr irrige Interpretation der Rechtslage in dem Video nachfolgend mit einigen konkreten Hinweisen versehen.
A. Grundlagen der Werbekennzeichnung bei Influencer Marketing
§ 58 RStV bzw. § 7 RStV, die eben auch für Soziale Medien gelten, sehen neben einigen andren gesetzlichen Regelungen im Telemediengesetz (TMG) und Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor, dass Werbung – Abgrenzung zu redaktionellen Inhalten – abgegrenzt und eindeutig erkennbar ist.
Die erste spannende Frage, die sich hier stellt, ist die Definition von Werbung.
Aus rechtlicher Sicht ist jede Äußerung im Geschäftsverkehr mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern, als Werbung anzusehen.
Werbung ist danach relativ eindeutig anzunehmen, wenn der Influencer eine Gegenleistung (Honorar, Produktgeschenk o.ä.) bekommt, welche ihn verpflichtet oder „motiviert“, das jeweilige Produkt auf einem Social Media Kanal anzupreisen.
Unproblematisch liegt nach dieser Definition keine Werbung vor, wenn ein Influencer ein Produkt in seinem Kanal einfach nur zeigt oder beschreibt, weil er es gut findet.
Da Werbung aber eben anzunehmen ist, wenn ein Produkt mit dem wesentlichen Ziel gezeigt oder angepriesen wird, den Produktabsatz zu steigern, gibt es zahlreiche Fälle auf Youtube, Instagram & Co die unter die Kennzeichnungspflicht fallen. Das dürfte übrigens auch dann vorliegen, wenn man in einem „privaten Kanal“ Videos einstellt, welches Waren anpreist, die die eigene Gesellschaft vertreibt.
„Flying Uwe“ irrt also in dem Video, wenn er andeutet, dass dann ja jedes Produkt im Hintergrund problematisch werden könnte. Falsch ist auch die Aussage, dass das zugrunde liegende Gesetz neu sei bzw. dass man sich an die Vorgaben ja nicht halten könnte, weil alles völlig unklar sei.
Auch wenn noch nicht alle Details geklärt sind, ist eine Werbekennzeichnung in der Regel dann erforderlich, wenn der Influencer eine Gegenleistung oder einen anderen „Leistungsanreiz“ bekommt.
Ob bzw. wann eine Werbekennzeichnungspflicht besteht, lässt sich also in einer Vielzahl von Fällen eindeutig beantworten.
B. Konkrete Anforderungen an die Werbekennzeichnung bei Influencer Marketing
Wenn klar ist, dass Videos oder Postings in Youtube, Instagram & Co als Werbung anzusehen sind, stellt sich die weitere Frage, wie zu kennzeichnen ist.
Schlussendlich kommt es entscheidend darauf an, ob der durchschnittlich informierte Nutzer des jeweiligen Mediums das Video oder das Posting als Werbung erkennen kann. Kann der Nutzer die Werbung nicht als solche erkennen, so liegt ein klarer Verstoß gegen die §§ 58 Abs. 3, § 7 Abs. 5 RStV vor, der – wie bei „Flying Uwe“ zu Geldbussen, aber eben auch zu kostenpflichtigen Abmahnungen, die zunächst gegen den Influencer richten können. Da solche als „verschleierte Werbung“ anzusehenden Wettbewerbsverstöße aber gemäß § 8 Abs.2 UWG auch den Auftraggebern des Influencers zugerechnet werden, können darüber hinaus wohl auch eine beauftragende Agentur bzw. das beauftragende Unternehmen für eine fehlende Werbekennzeichnung rechtlich verantwortlich gemacht werden. Beteiligten Influencer Agenturen bzw. den werbenden Unternehmen ist deshalb zu raten, das Thema „Werbekennzeichnung“ interessengerecht in den Verträgen mit Agentur bzw. Influencer zu regeln.
Konkret stellt sich aber nun die Frage, nach der Ausgestaltung an die Werbekennzeichnung.
Der in Blogs häufiger gesehene Hinweis „Sponsored“ oder „Sponsored Post“ reicht nach einem Urteil des LG München (Urteil v. 31.07.2015 – 4 HK O 21172/14) wohl nicht, weil zahlreiche deutsche Nutzer diesen englischen Begriff zumindest nach Meinung der Münchner Richter nicht unbedingt verstehen. Auch wenn man dieses Urteil sicher diskutieren kann, ist bei einer Kennzeichnung mit „sponsored“ eher Vorsicht geboten.
Entsprechend der Hinweise, die die Landesmedienanstalten vor einiger Zeit in ihrer Richtlinie „Antworten auf Werbefragen in sozialen Medien“ veröffentlicht haben, wird man die Anforderungen an die Werbekennzeichnung sinnvollerweise von der vertraglichen Absprache, der jeweiligen Gegenleistung (z.B. Honorar oder Produktgeschenk) und von der konkreten Präsentation des Produkts in dem Video oder dem Post abhängig machen müssen. Wie die nachfolgende, an den Richtlinien orientierte Übersicht zeigt, sind die Anforderungen zur Werbekennzeichnung auch vom Wert bzw. der Präsentation des konkreten Produkts abhängig:
Vorbehaltlich weiterer Entscheidungen der Landesmedienanstalten bzw. etwaiger Gerichte tun Influencer bzw. die weiteren Beteiligten gut daran, sich an dem oben dargestellten Rahmen zu orientieren.
Neben den Landesmedienstalten, die angekündigt haben, nach einer nun schon länger anhaltenden Sensibilisierung der Branche auch Bußgelder auszusprechen, gehe ich davon aus, dass auch die „alten Medien“ wie Fernsehen oder Radio verstärkt ihre zunehmenden Interessen geltend machen, dass die konkurrierenden Sozialen Medien keine Wettbewerbsvorteile haben und sich auch an die lange bekannten Regeln des Rundfunkstaatsvertrages halten.
Beteiligte Agenturen und beauftragende Unternehmen tun deshalb gut daran, die Zusammenarbeit mit Influencern unter Einbeziehung der Kennzeichnungspflichten sachangemessen vertraglich zu regeln.
Zu dem Video von „Flying Uwe“ sei noch gesagt, dass es mitnichten Aufgabe der Landesmedienanstalten ist, den Influencern im Detail zu erläutern, was rechtlich gilt. Es ist die Aufgabe jedes Anbieters, der im Internet Geld verdient, auch die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Gegebenenfalls muss man sich eben informieren.
Grob falsch ist auch die Vermutung in dem Video, dass man die Werbekennzeichnung ja nun allenfalls in einem Hinweis in der Beschreibung unter dem Video umsetzen könne bzw. dass ja wohl nicht verlangt werden könne, dass man Werbevideos ohne Kennzeichnung jetzt löscht. Dazu ist klar zu sagen, dass Werbevideos ohne hinreichend Kennzeichnung in dem Video selbst rechtswidrig sind. Wie man nun gesehen hat, kann die unterlassene Löschung doch zu konkreten Geldbußen führen. „Flying Uwe“ sollte sich also gut überlegen, ob er die insoweit relevanten Werbevideos nicht doch tatsächlich löscht und mit Werbekennzeichnung neu hochlädt. Das mag bei einer Vielzahl von Videos Aufwand sein. Das schützt aber eben nicht davor, die eigenen Inhalte rechtskonform gestalten zu müssen.
Klar ist, dass sich das Thema „Werbekennzeichnung beim Influencer Marketing“ zunehmend verschärft und sich die Beteiligten – im Hinblick auf die ausdrücklichen und größtenteils auch eindeutigen gesetzlichen Anforderungen – der Relevanz und auch der rechtlichen Risiken langsam aber sicher bewußt werden sollten.
Hallo Herr Dr. Ulbricht,
ich möchte Ihren Blog gerne abonnieren. Geht das und wenn ja wo?
Vielen Dank und beste Grüße
Lena Henning
@Lena,
hier: http://www.rechtzweinull.de/feed.
Gruß, Phil
Frage zur Grafik: Was passiert bei Rezensionen im Bereich Bücher und CDs? Sind diese zu kennzeichnen, obwohl es sich im redaktionelle Inhalte handelt? Ab welchem Punkt sind zum Beispiel klassische Bücherrezensionen zu kennzeichnende Werbebeiträge? Wie unterscheiden sich in diesem Punkt Print, Webseiten/Online-Magazine und Video?
Im Ernst?! Da fragt doch glatt jemand, ob das bei Rezensionen (wie Büchern und CD’S) auch gelte?!
Kann man WIRKLICH NICHT MEHR aus gesundem Menschenverstand heraus erkennen, wann geworben wird und wann berichtet?
Eine professionelle, reaktionelle Leistung gehört eigentlich grundsätzlich nicht in eine Kundenrezesion und stellt meines Erachtens eine vorsätzliche Täuschung des Verbrauchers dar, sowie der Rezensionist damit eine fortgesetzte, gewerbliche Leistung erbringt, die er ohne einen wirtschaftlichen Vorteil nicht erbringen würde!
Und ich möchte doch STARK hoffen, dass der Gesetzgeber das genauso beurteilen würde. Denn sowie mit dieser „Rezension“ ein (wie auch immer gearteter) Vorteil für den Rezensionisten entsteht, liegt nach meinem Dafürhalten eine vorsätzliche Täuschung des Verbrauchers dar, die ihm eben nicht mehr als werbliche Leistung erkennbar ist!
Im Besonderen, wenn es sich um diese so genannten Kundenrezesion halten und dem Vebraucher der werbliche Aspekt dahinter verachhleiert wird.
Vielen Dank für die Aufklärung!
Wenn ich über ein Produkt berichte, das mir zugeschickt wurde, schreibe ich immer ‚PR-Sample. Dieses Produkt wurde mir von Firma XY kosten- und bedingungslos zur Verfügung gestellt.‘ Reicht das auch oder muss konkret ‚Werbung‘ darunter stehen?
Viele Grüße
Jacqueline